Der Schattensammler (German Edition) by Gerd Ruebenstrunk

Der Schattensammler (German Edition) by Gerd Ruebenstrunk

Autor:Gerd Ruebenstrunk [Ruebenstrunk, Gerd]
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3, epub
Herausgeber: bloomoon
veröffentlicht: 2014-10-05T22:00:00+00:00


~ Kapitel 10 ~

ENERGIT

In der Frühe trafen sich Lena und Natz vor Buchers Werkstatt. »Ich muss heute Morgen arbeiten, aber du kannst in der Zwischenzeit einige Nachforschungen über die Herkunft des Energits anstellen«, sagte Natz.

»Und wo fange ich damit an?« Lena warf ihm einen ratlosen Blick zu.

»Nun, du könntest zu einer der Baustellen gehen, auf denen Maschinen mit Energit arbeiten, und dich durchfragen, woher sie den Treibstoff beziehen, nicht wahr?«

Lena seufzte. Sie hielt Natzens Idee, wie Jos, für reine Zeitverschwendung und beschloss daher, zunächst in der Stadtbibliothek nach Informationen über Spiegelschatten zu suchen. Die Bibliothek lag mitten im Stadtzentrum, gleich neben der Markthalle, ein prächtiger Bau mit großen Fenstern und einem imposanten Treppenaufgang, also das genaue Gegenstück zu Mildreds Archiv.

Der Boden des Lesesaals bestand aus poliertem schwarzem Holz und duftete leicht nach Bohnerwachs. Voller Ehrfurcht starrte Lena auf die scheinbar endlosen Reihen von Bücherregalen, die sich vor ihr erstreckten. Und dies war nur das Erdgeschoss! Wie sollte sie da eine einzelne Information finden?

All dieses Wissen! Sie fühlte sich ganz klein, denn sie würde nie auch nur einen Bruchteil davon beherrschen, selbst wenn sie ihr ganzes Leben lang lesen würde.

Um diese Tageszeit waren nur wenige Besucher in der Bibliothek. Lena suchte nach einer Stanzmaschine, konnte aber keine entdecken. Sie ging zur Informationstheke, hinter der ein Mann und eine Frau saßen, und fragte danach. Man erklärte ihr freundlich, dass es so etwas hier nicht gab. »Wir haben ein Schlagwortverzeichnis«, sagte der Mann. »Aber das enthält nur drei oder vier Begriffe, die in einem Buch vorkommen.«

Es war zumindest einen Versuch wert. Das Schlagwortverzeichnis war nichts anderes als eine Sammlung von Karteikarten, die in mehreren riesigen Schränken untergebracht waren. Natürlich gab es weder einen Eintrag für Spiegelschatten noch für Energit.

Lenas Hoffnung sank. Entmutigt ging sie an den Regalreihen entlang, an denen kleine Schilder auf die jeweiligen Fachgebiete verwiesen. Es gab Werke zur Philosophie und Physik, zur Geschichte und Geografie, zur Chirurgie und Chemie. In welchem Sachgebiet mochten wohl Bücher zu finden sein, die einen Spiegelschatten behandelten?

Alles, was sie fand, war ein Buch über Spiegel. Aus lauter Verzweiflung nahm sie es mit zu einem der Lesetische und blätterte darin herum. Bei einem Abschnitt zur Philosophie des Spiegels blieb sie hängen. Das Spiegelbild einer Person, so hieß es dort, erscheine nur deshalb spiegelverkehrt, weil sich der Betrachter automatisch in das Spiegelbild hineinversetze, also gewissermaßen durch dessen Augen sehe. Tue man das nicht, so erscheine es auch nicht spiegelverkehrt.

Lena überlegte. War ein Schatten denn nicht auch einfach nur ein Spiegelbild? Und würde ein Spiegelschatten, wenn man sich in ihn hereinversetzte, dann gerade nicht spiegelverkehrt sein? War das vielleicht der Grund, warum ein Mensch mit Spiegelschatten aus den Fantasiewelten zurückkehren konnte, weil sein Schatten eben nicht verkehrt herum war?

Vom vielen Nachdenken schwirrte ihr der Kopf und sie schob das Buch von sich. So würde sie nicht weiterkommen! Man konnte endlos über Spiegelschatten und Spiegelbilder nachdenken, und in jeder Antwort, die man fand, lag schon wieder eine neue Frage.

Und überhaupt, ihr war immer noch nicht klar, wie ihr diese Nachforschungen dabei helfen sollten, ihren Vater wieder zurückzubekommen.



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