Der Monstrumologe und das Drachen-Ei by Rick Yancey

Der Monstrumologe und das Drachen-Ei by Rick Yancey

Autor:Rick Yancey
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2014-12-31T16:00:00+00:00


Sechs

Eine stämmige Gestalt trat aus den Schatten, die sich am Fuß der Treppe sammelten. Klugerweise sprach sie, bevor ich ihr den missgestalteten Kopf von den Schultern schießen konnte.

»Ich sage, stecken Sie die Knarre weg, alter Kamerad. Ich bin es, Isaacson.«

»Was tun Sie hier im Monstrumarium?«, fauchte ich. »Ich dachte, die Arbeit Ihres Meisters hier ist erledigt.«

Er legte den Kopf neugierig schief, wie eine Krähe, die ein schmackhaftes Stück Aas beäugt. »Man hat mir gesagt, dass Sie hier sind.«

»Wer hat das gesagt? Und zu welchem Zweck?«

»Dr. von Helrung – ich soll bei der Beseitigung der Beweise helfen.«

»Ich brauche keine Hilfe.«

»Nicht? Aber viele Hände machen bald ein Ende.«

»Ja, und zu viele Köche verderben den Brei. Die nächste Nichtigkeit, bitte.«

Ich hastete an ihm vorbei; er kam hinter mir her. Blieb stehen, als ich bei der Abstellkammer stehen blieb, um den Eimer und den Schrubber zu holen. Blieb wieder beim Waschbecken stehen, als ich den Eimer füllte.

»Ich habe das Gefühl, wir hatten einen schlechten Start, Will. Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass Sie Lilly kennen – sie hat Sie nie erwähnt, kein einziges Mal in der ganzen Zeit, die wir zusammen in London verbracht haben.«

»Das ist seltsam. Ich kenne sie schon von Kindestagen an und wir schreiben uns regelmäßig, und sie hat Sie auch nie erwähnt.«

»Glauben Sie, wir werden zum Narren gehalten?«

»Das bezweifle ich. Lilly liebt eben Herausforderungen.«

Er blieb einige Schritte hinter mir, als ich mit dem Eimer und dem Schrubber zum Verschlossenen Raum ging. Ich hätte ihn mit geschlossenen Augen gefunden: Der Gestank der Verwesung nahm mit jedem Schritt zu.

»Sie ist ein gutes Mädchen, nicht wie die anderen Mädchen ihres Alters, meiner Erfahrung nach. Leidenschaftlich. Würden Sie nicht sagen, dass dies das perfekte Wort für sie ist? Leidenschaftlich?«

»Sie brodelt vor Wildheit.«

»Oh, sie ist ein großartiges Mädchen, ganz und gar nicht so wie die Mädchen aus meinem Land. So viel – wie soll ich sagen? – so viel unbändiger.«

Ich blieb stehen. Er blieb stehen. Wenn ich ihm jetzt eine mit dem Stiel des Schrubbers verpassen würde, würde der Hieb mehr tun als ihn nur zu Fall bringen: Er würde den Knochen zertrümmern, die Knochensplitter würden sich in Wange und Zahnfleisch bohren, vielleicht in die Zunge. Eine dauerhafte Entstellung wäre keine Überraschung und eine lebensbedrohende Infektion keinesfalls ausgeschlossen. Ich könnte sagen, dass wir von weiteren Dieben überfallen worden waren oder dass ich ihn in Notwehr niedergeschlagen hatte. In der entlegenen, düsteren Gegend der Welt, in der wir lebten, würden nur wenige meine Geschichte anzweifeln. Von Helrung hatte es gesagt:

Als ich jünger war, habe ich mich oft gefragt, ob die Monstrumologie die Dunkelheit in den Herzen der Menschen erzeugt oder ob sie Menschen mit Dunkelheit im Herzen anzieht.

»Was ist?«, flüsterte Isaacson.

Ich schüttelte den Kopf und murmelte: »Das Ungeheuer.«

»Was?«

Ich drehte mich zu ihm um. Sein Gesicht war in dem schwachen Licht grotesk, monströs.

»Wissen Sie, wie es Sie tötet, Isaacson? Es ist nicht der Biss; der dient dazu, Sie zu lähmen und Ihr Gehirn von Ihren Muskeln zu trennen. Sie verlieren aber nicht das Bewusstsein. Sie sind sich



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