Der geheimnisvolle Gast by Margaret Moore

Der geheimnisvolle Gast by Margaret Moore

Autor:Margaret Moore
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Cora
veröffentlicht: 2014-11-16T00:00:00+00:00


11. KAPITEL

Morgens sah Grace durch das Küchenfenster den schwarzen Landauer zum Haus kommen. Das Gespann wurde von einem livrierten Kutscher gelenkt, und im Wagen saß Sir Donald Franklin. Sein Anblick berührte sie eigenartigerweise nicht. Nach all den aufregenden Gefühlen, die sie tags zuvor durchgemacht hatte, schien sie jetzt nicht mehr imstande zu sein, etwas zu empfinden, jedenfalls nichts, was sie hätte bestimmen können, abgesehen davon, dass sie Scham empfand, Scham über ihr Betragen, Scham ihrer Gefühle wegen, eine tiefe, brennende Scham, die sich um etliches steigern würde, sobald sie Mr Elliot wiedersah.

Sie überlegte, was sie ihm sagen solle. Noch war er nicht zum Frühstück heruntergekommen, und sie war nicht sicher, wie sie ihm nach ihrem schandbaren, unmoralischen Benehmen in der vergangenen Nacht unter die Augen treten könne, ganz gleich, wie wundervoll der Kuss gewesen war und wie sehr sie angenommen hatte, Mr Elliot sehne sich nach ihr. Offensichtlich hatte sie sich in seinen Gefühlen für sie getäuscht. Sie hatte sich von der Kraft ihres Begehrens mitreißen lassen und war zum Opfer ihrer Schwäche geworden.

„Was will Sir Donald hier?“, fragte Mercy aus der Waschküche.

Grace sah sie finster aus dem kleinen Fenster schauen.

„Ich gehe hinaus und frage ihn“, antwortete sie und nahm den Strohhut vom Türhaken.

In Anbetracht des Zustands ihrer Gefühle war der Besuch des Baronet ihr lieber, als Mr Elliot gegenübertreten zu müssen, zumindest so lange, bis sie sich besser in der Gewalt hatte. Sie wollte auch nicht miterleben müssen, dass die Schwester sich dem Hauseigentümer gegenüber unhöflich benahm. Das wäre ihrer augenblicklichen wirtschaftlichen Lage nicht im Mindesten dienlich gewesen. Daher machte sie die Küchentür auf und ging auf den Hof.

„Guten Morgen, Miss Barton!“, rief Donald ihr zu und tippte grüßend an den Zylinder. „Ich bin hergekommen, um Sie an diesem schönen Vormittag zu einer Ausfahrt einzuladen.“

„Sie sind sehr früh auf den Beinen, nicht wahr?“, bemerkte Grace höflich.

„Niemand kann sich vor den anstehenden Wahlen ausruhen, meine Liebe. Ich habe jedoch beschlossen, eine kurze Ausfahrt zu unternehmen, natürlich meiner Gesundheit zuliebe, und muss darauf bestehen, dass Sie zu arbeiten aufhören und sich mir anschließen.“

Die Bemerkung über die Gesundheit verblüffte Grace. Er war leider reichlich füllig, und sie nahm an, dass die Ausfahrt einem anderen Zweck galt.

Dennoch erwiderte sie: „Also gut, Sir Donald.“

Der Kutscher machte den Wagenschlag auf und half ihr in die Barouche. Sein Blick war unverkennbar neugierig, und sie wusste, dass er sich fragte, was dieser Besuch zu bedeuten habe. Das ließ sich nicht ändern, und außerdem war seine Meinung nicht von Bedeutung. Grace nahm neben dem Baronet Platz, der verdächtig näher rückte.

Sie versuchte, nicht mehr an Mr Elliot zu denken. Leider erschwerte ihr das der krasse Gegensatz zwischen den beiden Männern. Mr Elliot war aufmerksam, attraktiv, ein echter Gentleman. Der eitle, aufgeplusterte und arrogante Sir Donald war gewiss kein Gentleman, eine Tatsache, die unanfechtbar war, da er die Hand näher an Graces Knie schob.

Watts zog die Zügel an, und der Wagen setzte sich in Bewegung. Grace rückte vom Baronet ab. Vielleicht war er sich bewusst, dass sie eine Abneigung gegen ihn hatte, denn er hob die Hand und strich sich über das feiste Kinn.



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