DEr Fluch von Guernica by Michael Naether

DEr Fluch von Guernica by Michael Naether

Autor:Michael Naether
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-943889-35-2
Herausgeber: elektrischer Verlag
veröffentlicht: 2014-12-04T16:00:00+00:00


7.

Wir malten uns aus: »Kindler von Knobloch befreit Primo de Rivera« – der naive Ehrgeiz eines kleinen Nazis, eines deutschspanischen Krämers, wie er dem Einstieg ins politische Weltgeschäft nachhängt, bestärkt durch einen gewissen Fanatismus. »Dabei haben wir ein Sprichwort hierzulande«, sagte unsere Frau am Steuer, »Ehre und Geld passen schlecht in einen Sack.«

Das war nicht alles. Nach Calvo Sotelo – ein reaktionärer Monarchist, pünktlich vor dem Putsch erschossen – war der Kriegspartei Francos mit Primo ein zweites prominentes, wenn nicht charismatisches Opfer zugefallen, nunmehr beide auch im Tode vereint, »viva la muerte!«, und ihre Erben, Karlisten und Falangisten, folglich bald in die Einheitspartei gezwungen. Im Leben wären Calvo und Primo zwangsläufig zu politischen Konkurrenten Francos geworden, womöglich zu Rivalen.

»Märtyrer« – konnten sie dem spanischen Volk etwa nichts bedeuten, nachdem Pius XII. höchstselbst von einem »Kampf zwischen Christus und Lenin« gesprochen hatte? Und Primo sprach vor seiner Verhaftung: »Unsere Pflicht ist es also, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, auf den Bürgerkrieg zuzugehen.«

Gesagt, getan, und das nächstbeste Todesopfer der Falange war ein Polizist. »Dass Spanien fortbesteht«, schrieb Primo vor dem Putsch an die Generäle, »hängt von euch ab.« Ein Kassiber aus seinem Gefängnis; kein Wort von Christus oder Lenin darin.

Was Staatsraison in einer Diktatur heißt, ein Parteiprogramm darin wert ist, darüber konnte sich Kindler von Knobloch jetzt im Falange-Lager bei Sevilla von SA-Major Dr. Dirlewanger belehren lassen: über die Umerziehung und Gleichschaltung von idealistischen Parteimilizen zu gehorsamen Militärnationalisten. Etwa über das Los der deutschen Sozialfaschisten um Röhm und Strasser im Dritten Reich, ohne Gerichtsurteil »in Staatsnotwehr« liquidiert, von der Wehrmachtführung, seinerzeit noch Reichswehr, als Rivalen gefürchtet. Der alten Falange erging es nun dank Primos Tod ähnlich. Auch ihn, nicht das erste und nicht das letzte Opfer, musste Franco fortan vertreten oder ersetzen, um für die Zukunft »generöse Unternehmer und patriotische Arbeiter« als Partner zu erfinden.

Ebenso unscheinbar wie ungreifbar wirkend, sollte der Caudillo nicht bloß die beiden wichtigsten verbündeten Parteiführer, Calvo und Primo, überleben, sondern obendrein noch die beiden führenden Putsch-Generäle, Mola und Sanjurjo, um sich in deren schillerndem Angedenken zu spiegeln. Eine bunte Personalunion. Da empfahl es sich, das eigene Profil ein wenig zu verwischen, vorerst nicht großartig aufzutrumpfen, andere für die eigene Herrlichkeit arbeiten zu lassen: Macht mir den König!

Das wirkte über die Legion Condor samt Seestreitkräften bis nach Berlin. Geheimdienstadmiral Canaris, der allein während des Putschistenkrieges mindestens ein halbes Dutzend Mal nach Salamanca reiste, Schlapphut und Mantelkragen wie im Film, hatte Bruder Franco stets vor Augen – als Foto auf dem Schreibtisch. Man kannte sich lange genug. Ein Handelsreisender der Militärverschwörung, Félix Maiz, sollte schließlich bezeugen, Canaris sei »vom ersten Augenblick an« um die Bewaffnung des Putsches im Verein mit der NS-Zelle in Spanien bemüht gewesen.

Der Ton schlug um. »Der Teufel möge auf ihren Gräbern tanzen!«, rief Marisol, die Ärztin an unserer Seite, nachdem alles gesagt war zu Kindler von Knobloch und Konsorten. Das war das berühmt-berüchtigte »Salz« in der Sprache der Andalusierin, el sal de la graciosa. Dann fragte sie uns nach Dirle­wanger. »Ein Mann mit Blutgeruch«, stimmte ich ein.



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