Das Trauma in dir by Bessel van der Kolk

Das Trauma in dir by Bessel van der Kolk

Autor:Bessel van der Kolk [Bessel van der Kolk]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein eBooks
veröffentlicht: 2023-02-23T00:00:00+00:00


Rembrandt van Rijn: Christus bei der Krankenheilung. Gesten des Trostes können wir alle leicht erkennen. Sie spiegeln die heilende Kraft einfühlsamer Berührung.

Berührung, das elementarste Werkzeug, das uns zur Verfügung steht, um andere Menschen zu beruhigen, darf bei den meisten therapeutischen Praktiken nicht genutzt werden. Doch kann niemand völlig genesen, wenn er sich nicht wohl (und sicher) in seiner Haut fühlt. Deshalb empfehle ich meinen Patienten, sich auf irgendeine Form von Körperarbeit einzulassen, beispielsweise auf therapeutische Massage, Feldenkrais oder Cranio-Sacral-Therapie.

Ich habe meine bevorzugte Körpertherapeutin, Licia Sky, nach ihrer Arbeit mit Traumatisierten gefragt, und sie hat mir unter anderem geantwortet:

»Ich beginne mit der Körperarbeit nie, ohne vorher eine persönliche Verbindung zu meinen Patienten aufgebaut zu haben. Ich führe keine Anamnese durch und versuche auch nicht herauszufinden, wie stark jemand traumatisiert ist oder was der Betreffende erlebt hat. Ich versuche festzustellen, wie das Verhältnis des Patienten zu seinem Körper momentan ist. Und ich frage ihn, ob es etwas gibt, worauf ich aus seiner Sicht besonders achten sollte. Unterdessen mache ich mir ein Bild von seiner Körperhaltung, und ich stelle fest, ob er mir in die Augen schauen kann, wie angespannt oder entspannt er wirkt und ob er zu mir in Verbindung tritt oder nicht.

Meine erste Entscheidung hängt davon ab, ob ich den Eindruck habe, dass sich der Patient sicherer fühlt, wenn er mit dem Rücken oder mit dem Bauch auf dem Massagetisch liegt. Wenn ich jemanden noch nicht kenne, bitte ich ihn generell, sich auf den Rücken zu legen, sodass er mich anschauen kann; ich achte auch darauf, dass er sich nur so weit entkleidet, dass er sich dabei noch sicher fühlt. Dies sind wichtige Entscheidungen, die Grenzen betreffen, und sie müssen gleich zu Beginn der Arbeit getroffen werden.

Wenn ich dann erstmals zum Körper des Patienten in Kontakt trete, achte ich darauf, ihn bestimmt und sicher zu berühren. Die Annäherung sollte niemals gezwungen oder harsch wirken und keinesfalls zu schnell erfolgen. Die Berührung geschieht langsam, sodass der Klient ihr leicht folgen kann, und sie ist sanft und rhythmisch. Sie kann so stark wie ein Händedruck sein. Als Erstes berühre ich oft eine Hand und den Unterarm, weil die meisten Menschen Berührungen in diesem Bereich als nicht bedrohlich empfinden, und weil es der Bereich ist, den zu berühren sie sich auch selbst am ehesten trauen.

Man muss den Punkt des Widerstandes finden und berühren – die Stelle, an der die Anspannung am stärksten ist – und ihm ein entsprechendes Maß an Energie zukommen lassen. Das löst erstarrte Anspannung. Man sollte bei dieser Arbeit nicht zögern, weil ein Zögern beim Klienten den Eindruck hervorruft, man habe kein Selbstvertrauen. Langsame Bewegungen und sorgsames Eingehen auf den Klienten hingegen haben nichts mit Zögern zu tun. Man muss Klienten mit starkem Selbstvertrauen und viel Empathie begegnen und der Anspannung, die sie in ihrem Körper festhalten, den Druck der eigenen Berührung entgegensetzen.«

Was bewirkt die Körperarbeit bei den Patienten? Licia antwortete auf diese Frage:

»So wie man Durst nach Wasser haben kann, kann man auch nach Berührung dürsten. Es wirkt tröstend, wenn man selbstsicher, tief, fest, sanft und einfühlsam berührt wird.



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