Das tödliche Wort by Genevieve Cogman

Das tödliche Wort by Genevieve Cogman

Autor:Genevieve Cogman [Cogman, Genevieve]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2018-07-14T16:00:00+00:00


SECHZEHNTES KAPITEL

Irenes Träume waren so friedlich wie der Schnee, der draußen fiel: ungeformt und verschwommen, doch ruhig und nicht bedrohlich, für den Moment frei von Furcht, Verzweiflung und Sorge. Als sie ihre Augen öffnete und herauszufinden versuchte, weshalb sie aufgewacht war, waren die einzigen Geräusche das Knacken des Feuers und die Atemzüge Kais neben ihr im Bett.

Dann grollte der Donner erneut und riss die letzten Spuren von Schläfrigkeit fort. Jemand klopfte mehrmals an die Zimmertür. Tatsächlich war »klopfen« ein viel zu geringer Ausdruck dafür. Jemand mit einem absoluten Mangel an Anteilnahme für die Schlafenden in diesem Raum – oder in Nachbarzimmern oder womöglich im gesamten Gang – hämmerte gegen die Tür.

»Winters!« Das war Vales Stimme. »Winters, sind Sie wach da drinnen?«

»Jetzt bin ich es sicherlich«, murmelte Irene und wankte aus dem Bett. Ein fahles Grau umrandete das Fenster, sickerte rund um die Ränder der dichten Vorhänge durch. Sie legte den Lichtschalter um und blinzelte in der plötzlichen Helligkeit. Die mit Goldbronze verzierte Uhr auf dem Kaminsims zeigte an, dass es sieben Uhr in der Früh war. Sie schüttelte den Kopf, raffte sich auf und schaute sich nach ihrem Morgenmantel um. »Ja!«, rief sie lauter. »Geben Sie mir einen Moment …«

Kai war nun auch wach geworden und saß aufrecht im Bett, sein schwarzes Haar war zerzaust, doch seine Gelassenheit unberührt. »Soll man mich hier finden?«, fragte er leise.

»Ich habe Neuigkeiten über diese Explosion«, berichtete Vale durch die Tür. »Lord Silver ist auch bei mir. Dürfen wir uns zu Ihnen gesellen?«

Das erledigte Kais Frage, ohne dass Irene auch nur darauf antworten musste. Es wäre schon schlimm genug, sich Silvers verbale Spitzen über das Thema gefallen zu lassen, wen Irene ausgewählt haben mochte, mit ihr das Bett zu teilen. Doch ihm unverblümt zu bestätigen, dass sie mit jemandem von der Drachen-Delegation schlief? Wenn er dies dem Kardinal berichten könnte …

Irene zeigte auf Kai, dann zum Badezimmer. »Nur einen Moment, bitte!«, rief sie Vale zu und wickelte den Schlafrock um sich herum. Sie zitterte immer noch vor Kälte – jetzt, wo sie das Bett verlassen hatte, war die winterliche Temperatur viel fühlbarer, und ihr Hausmantel nur ein Morgenrock aus zarter Spitze und eben nicht eines jener Exemplare aus dickem Flanell. Sie zerrte die Tagesdecke vom Bett und hing sie sich auch über die Schultern.

Kai schlüpfte aus dem Bett und schnappte sich seine Kleidung von dem Stuhl, wo er sie gelassen hatte. Einen Moment lang berührte er Irenes Hand – zur Bestätigung und als Ausdruck des Wunsches, dass sie Zeit für mehr hätten –, glitt dann ins Badezimmer der Suite und schloss die Tür hinter sich.

Irene stolperte zum Eingang hinüber und handhabte dabei mit einiger Schwierigkeit die mehrfachen Schichten ihrer Körperbedeckung. Sie öffnete die Tür; vor ihr standen Vale und Silver im Korridor. Beide trugen noch den Frack vom gestrigen Abend. Vale wirkte ein wenig mitgenommen. Er hatte das Aussehen eines Mannes, der sicherlich etwas Schlaf gebrauchen konnte, aber viel zu beschäftigt war, um sich damit aufzuhalten, und darauf vertraute, den Mangel später wieder ausgleichen zu können.



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