Das Teufelsweib by Heinz G. Konsalik

Das Teufelsweib by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-27T16:00:00+00:00


12

Die Taberna San Giorgio liegt nahe am Meer, zwischen Felsen, am Stadtrand von Genua. Es ist ein kleines, aber allgemein bekanntes Ausflugslokal, beliebt bei reichen Genuesern, die hier, in der Nachbarschaft von Fischern und Tintenfischjägern, ein wenig vom Nichtstun ausruhen.

Charles de Santerres, der in einem Liegestuhl auf der palmengeschmückten Terrasse der Taberna lag und hinaus auf das Meer mit den Booten der Fischer blickte, hatte seinen Aufenthalt allen seinen Bekannten verschwiegen, um hier unerkannt und als Fremder unter Fremden die letzten katastrophalen Ereignisse zu überdenken und zu einem Schluß zu kommen, wie nun alles weitergehen sollte, nachdem Manon, die er immer noch leidenschaftlich liebte, ihn in Monte Carlo betrog. Daß Dubois eines Tages die Wohnung in Paris betreten würde, war ihm klar, und was dann kommen würde, daran wollte er jetzt lieber nicht denken. Das schützte ihn aber nicht davor, daß die Katastrophe schon unmittelbar vor der Tür stand.

Santerres lag unter dem breiten Sonnenschirm und döste. Er hörte nicht, daß unten ein Wagen vorfuhr, vernahm nur mit halbem Ohr näherkommende Schritte und blickte erst auf, als er fühlte, daß ihn jemand betrachtete. Ein Schatten fiel auf sein Gesicht, er öffnete seine Augen und fuhr mit einem Ruck hoch.

»Monsieur Dubois!« rief er. Er fühlte, wie sein Herz pochte. Das ist die Angst, gestand er sich ein, gemeine Angst. Dubois war schon in Paris gewesen …

Dubois stand vor ihm und nickte. Sein zerknittertes Gesicht war noch faltiger, fahler, lederner als sonst. Seine Augen aber schienen zu weinen – ein unendlicher Schmerz lag in ihnen und bildete einen seltsamen Kontrast zur Härte des Gesichts. In den Händen hielt er ein Bild, das einen Frauenakt mit einem roten Schleier um den Kopf zeigte. Und die Hände von Dubois zitterten, als er das Bild vor Santerres auf den Tisch legte.

»Wer ist diese Frau?« fragte er leise. Seine Stimme klang belegt, heiser.

Charles de Santerres suchte nach Ausflüchten – und wenn es nur ein Kellner gewesen wäre, dem er eine Bestellung hätte zurufen können. Aber sie befanden sich allein auf der Terrasse, die weit in das Meer hinausragte. Santerres mußte also Rede und Antwort stehen.

»Ich weiß es nicht«, sagte er deshalb und wich dem Blick Dubois' aus. »Ich habe das Gemälde von einem Kunsthändler gekauft. Es gefiel mir … das ist alles …«

Dubois stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch und durchbohrte Santerres mit seinem Blick. Es war ein Blick, der Santerres das Blut in den Adern gefrieren ließ.

»Es ist Manon«, sagte Dubois dumpf. »Meine Frau Manon! Sie wissen es genau, Santerres – Sie müssen es wissen, denn in Ihrer Wohnung lag unter dem Bild ihr Handschuh, und ihr Parfüm durchzog noch alle Räume. Warum sind Sie so feige, es nicht zuzugeben? Manon war Ihre Geliebte.«

»Nein!« Santerres trat die Flucht nach vorne an und wurde frech. »Ich lehne es ab, mit Ihnen darüber zu sprechen! Ich habe das Bild von Tengier in Paris, Boulevard Hausmann, gekauft. Für 15.000 Franc. Der Maler heißt Putois … vielleicht suchen Sie einmal in dieser Richtung nach einem –«, er legte Ironie in die Worte, »– bewegten Leben Ihrer verehrungswürdigen Gattin.



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