Das Siegel der Tage by Isabel Allende

Das Siegel der Tage by Isabel Allende

Autor:Isabel Allende
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783518420102
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2008-07-14T22:00:00+00:00


Auf Brautschau

Nico wurde immer hübscher. Er trug das Haar lang wie ein Apostel und sah seinem Großvater ähnlicher denn je, die großen Augen mit den schläfrig langen Wimpern, die aristokratische Nase, das kantige Kinn, die schmalen Hände. Ich konnte nicht begreifen, daß die Frauen nicht in Scharen seine Haustür belagerten. Hinter Willies Rücken, der von diesen Dingen nichts versteht, nahmen Tabra und ich uns vor, eine Gefährtin für ihn zu finden, was haargenau das ist, was du unter diesen Umständen getan hättest, Tochter, beschwer dich also nicht.

»In Indien und an vielen anderen Orten der Welt werden Ehen arrangiert. Dort gibt es weniger Scheidungen als im Westen«, erklärte mir Tabra.

»Was nicht heißt, daß die Leute glücklicher sind, sondern nur, daß sie mehr aushalten«, wandte ich ein.

»Das System funktioniert. Aus Liebe zu heiraten bringt jede Menge Ärger mit sich, besser, man sucht zwei Menschen, die zueinander passen, im Lauf der Zeit lernen die sich schon lieben.«

»Ist zwar ein bißchen riskant, aber etwas Besseres fällt mir nicht ein«, mußte ich zugeben.

Solche Arrangements sind in Kalifornien nicht leicht herbeizuführen, wie Tabra selbst über Jahre erleben mußte, als keine einzige Heiratsvermittlung einen brauchbaren Mann für sie auftreiben konnte. Gefiederte Echse war noch der Brauchbarste gewesen, aber von dem fehlte weiter jede Spur. Wir durchforsteten regelmäßig die Presse danach, ob Moctezumas Federkrone in Mexiko aufgetaucht war – erfolglos. In Anbetracht von Tabras fruchtlosen Bemühungen wollte ich nicht auf Zeitungsannoncen oder Partnervermittlungen zurückgreifen; außerdem wäre das zu weit gegangen, schließlich hatte ich mich nicht mit Nico besprochen. Von meinen Freundinnen kam keine in Frage, die waren nicht jung genug, und keine Frau in den Wechseljahren würde sich meiner drei Enkel annehmen, da konnte Nico noch so hinreißend sein.

Wo ich ging und stand, war ich jetzt auf Brautschau, und mit der Zeit schärfte sich mein Blick. Ich forschte unter Freunden und Bekannten, musterte die jungen Frauen, die mich baten, Bücher für sie zu signieren, sprach sogar forsch zwei Mädchen auf der Straße an, aber die Methode erwies sich als wenig effektiv und ungeheuer zeitraubend. In diesem Tempo würde Nico noch mit siebzig allein sein. Ich besah mir die Frauen genau und sortierte sie am Ende eine nach der anderen wegen der unterschiedlichsten Gründe aus: zu ernst oder zu aufgekratzt, geschwätzig oder schüchtern, Raucherin oder Makrobiotikerin, angezogen wie ihre Mutter oder mit einer tätowierten Jungfrau von Guadalupe auf dem Rücken. Es ging um meinen Sohn, da konnte man die Entscheidung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich war schon der Verzweiflung nah, als Tabra mich mit Amanda bekannt machte, einer Fotografin und Autorin, die für eine Reisezeitschrift eine Reportage mit mir im Amazonasgebiet machen wollte. Amanda war sehr interessant und sah gut aus, war aber verheiratet und wollte demnächst Kinder bekommen, schied für meine amourösen Ränke also aus. Im Gespräch kamen wir jedoch auf meinen Sohn, und ich erzählte ihr das gesamte Drama, denn was sich mit Celia zugetragen hatte, war längst kein Geheimnis mehr; Celia selbst hatte es in alle Winde verkündet. Amanda erklärte, sie kenne die ideale Kandidatin: Lori Barra.



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