Das Pfirsichhaus by Miller Santo Courtney

Das Pfirsichhaus by Miller Santo Courtney

Autor:Miller Santo, Courtney [Miller Santo, Courtney]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne TB
veröffentlicht: 2015-12-13T16:00:00+00:00


ENDE JUNI 2012:

MEMPHIS

Der Gerichtstermin war auf den Nachmittag des 30. Juni angesetzt. Elyse ging nicht mit, was hätte sie schon beitragen können? So brachte sie den Tag damit zu, in Grandma Mellies Rezeptkarten zu stöbern. Seit fast einer Woche suchte sie nun schon nach ihrem Rezept für Schoko-Cookies. Wie hatte sie es geschafft, dass sie außen knusprig waren, aber innen weich? In den Monaten, seit sie in Spite House war, hatte sie immer wieder solche Karten in Mellies eigener Handschrift zwischen den Seiten ihrer Kochbücher gefunden oder an die Unterseite von Töpfen ebenso wie an die Innenseiten von Schränken geklebt. Lizzie hatte ein paar zwischen den Karten des Tagebuchs ihrer Mutter entdeckt – in deren Handschrift aus der Erinnerung oder von einer verloren gegangenen Quelle festgehalten.

Am erstaunlichsten fand Elyse, dass Lizzie entging, wie geheimnisvoll die Verhältnisse in ihrer Familie waren. Eine Frau, die es fertigbrachte, bedeutsame Geheimnisse vor ihren engsten Angehörigen zu verbergen, faszinierte Elyse in einem Maße, dass es ihr Schauer den Rücken herunterjagte. Wenn sie in Spite House allein war, machte es ihr größtes Vergnügen, so zu tun, als sei es ihr eigenes Haus, und sie dachte sich die abenteuerlichsten Geschichten darüber aus, wie es sie hierher verschlagen hatte. In einer ihrer Lieblingsfantasien war sie eine Art Aschenputtel, das für seine allzu übergewichtige Stiefmutter und Stiefschwester sorgen musste. Der Moment ihrer Rache kam, wenn ihre Schwester versuchte, sich durch die unglaublich schmale Eingangstür zu quetschen, und darin stecken blieb.

Alle zwanzig Minuten sah Elyse auf die Uhr und war selber erstaunt, als sie merkte, wie sehnlich sie auf die Heimkehr ihrer Cousinen oder wenigstens auf eine SMS über den Ausgang des Termins wartete. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie wichtig ihr die Entscheidung war. Als es Abend wurde, goss sie sich ein Glas Wein ein und schrieb ihrerseits an beide Cousinen eine SMS. Während sie den Blick durch die Küche schweifen ließ, bemerkte sie den Stapel Karten, den Lizzie derzeit zu sortieren versuchte. Es war ihr ein Rätsel, wieso Tante Annie ihr Tagebuch auf diese seltsame Weise geführt hatte. Die meisten Leute führten Tagebuch im vollen Bewusstsein, dass es eines Tages von jemand anderem gelesen würde. Wieso sollte man sonst etwas niederschreiben? Die Karten lagen, zu kleinen Stößen geordnet, auf dem Tisch verteilt. Einige hatte Lizzie so oft hin und her gewendet, dass sie an den Rändern schmutzig waren, andere dagegen so makellos weiß wie das Briefpapier in einem Hotel.

Sie blätterte wahllos in den Stapeln. Am abgegriffensten sahen die Karten aus, die von Tante Annies Schwangerschaft handelten. Die Monate vor Lizzies Geburt waren zum größten Teil schon geordnet, und wenn man sie durchging, kam man sich vor, als sähe man im Zeitraffer ein Video über die neun Monate der Schwangerschaft. Test positiv. Fühle mich toll. Musste mich übergeben. Muss mich immer noch oft übergeben. Die morgendliche Übelkeit zieht sich über den ganzen Tag hin. Die Hosen passen nicht mehr. Die Unterwäsche passt nicht mehr. Eine Menge Energie. Baby hat zum ersten Mal getreten. Baby hat Schluckauf. Beim Lesen wurde



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