DAS PAKET Psychothriller by Sebastian Fitzek

DAS PAKET  Psychothriller by Sebastian Fitzek

Autor:Sebastian Fitzek [Fitzek, Sebastian]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426440087
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2016-10-27T00:00:00+00:00


30. Kapitel

Drei Wochen zuvor

Sie blieb ganz ruhig.

Emma war im Sitzen eingeschlafen, ihr zur Seite gerutschter Kopf ruhte auf der Kante des Sofakissens, mit ihm war das Zimmer um etwa fünfundvierzig Grad gegen den Uhrzeigersinn gekippt.

Die Teetasse auf dem Couchtisch, die Fotorahmen auf dem Kaminsims, die Vase mit den Trockenblumen im Fenster – alles im Wohnzimmer schien der Schwerkraft zu trotzen.

Auch der Mann, drei Schritte von ihr entfernt.

Für einen Moment glaubte sich Emma in einem Traum gefangen, und zunächst wunderte sie sich, dass das Schlafmittel Träume überhaupt zuließ. Dann wunderte sie sich, dass sie sich wunderte, denn normalerweise neigte sie nicht dazu, im Schlaf über ihr Bewusstsein zu reflektieren. Schließlich wurde ihr klar, dass sie die Augen geöffnet hatte und alles um sie herum real war: der Staub auf dem Couchtisch, die ausgebrannten Holzscheite im Kamin, der Morgenmantel, den sie in ihrer kurzen, aber intensiven Schlafphase völlig durchgeschwitzt hatte. Und der Mann mit den groben Winterstiefeln, von denen Tauwasser auf die Dielen tropfte.

Der Mann!

Emma richtete sich auf, so schnell, dass ihr für einen Moment schwindelig wurde und die Welt sich zu drehen begann.

Sie griff nach dem Schalter der Stehlampe und knipste sie an. Warmes, weiches Licht flutete das Wohnzimmer, das bis eben noch im Dämmerschein gelegen hatte.

»Hallo«, sagte der Mann und hob die Hand.

»Was wollen Sie?«, sagte Emma und tastete nach dem Skalpell in ihrer Manteltasche. Seltsamerweise war sie weit weniger verängstigt, als sie sich eigentlich hätte fühlen müssen bei dem Anblick eines Fremden, der in ihr Heim eingedrungen war, während sie schlief.

Sie war aufgeregt, nervös, fühlte sich wie vor einer Prüfung, für die sie nicht gelernt hatte, aber sie war weit davon entfernt, in Schockstarre zu verfallen oder gar zu schreien. Was weniger daran lag, dass sie sich resigniert in ihr Schicksal fügte, als vielleicht daran, dass der Mann weit weniger angsteinflößend wirkte als in jenem Moment, in dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.

Vor nicht einmal einer Stunde.

Weinend in seinem Schlafzimmer.

»Herr Palandt?«, fragte sie, und der Eindringling nickte stumm.

Vorhin hatte er eine Glatze gehabt, jetzt trug er eine dunkelbraune Kurzhaarperücke, die vom Schneeregen schwarz verfärbt war.

Er war groß, fast so wie Sylvia, und schlank, hager sogar. Seine schwarze Regenjacke hing ihm wie eine Plane über den eingefallenen Schultern. Sie hatte gelbe Knöpfe, die seltsam modisch wirkten für jemanden, der ansonsten nicht auf sein Äußeres zu achten schien. Die für das Wetter ebenfalls viel zu dünne Cordhose war drei Nummern zu groß, so als müsste Palandt die Sachen eines älteren Bruders auftragen. Dabei ging er mindestens auf die sechzig zu.

Das Auffälligste an ihrem Nachbarn war seine Brille. Ein beigefarbenes Plastikungetüm mit Gläsern, die so dick waren, dass seine Augen dahinter kaum zu erkennen waren.

Konnte er ohne das Gestell überhaupt etwas sehen?

»Was wollen Sie?«, fragte Emma in der Hoffnung, dass Palandt sie im Schlafzimmer gar nicht erkannt hatte. »Wie sind Sie hier reingekommen?«

Emma drückte sich aus den Sofakissen hoch und hatte das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen, dabei war es doch der Nachbar, der in ihr Haus eingedrungen war, und Hausfriedensbruch wiegt ja wohl schwerer als Sachbeschädigung, oder?

»Es tut mir leid.



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