Das Kleine Wirtschafts-Heureka by Hanno Beck

Das Kleine Wirtschafts-Heureka by Hanno Beck

Autor:Hanno Beck
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Allgemeine Buch
veröffentlicht: 2015-09-10T00:00:00+00:00


Say’sches Theorem

Sollen wir im Büro Kaffeetassen horten?

In vielen Büros gibt es auf jedem Stockwerk eine Kaffeeküche, in der eine Menge Tassen stehen. Morgens angelt man sich eine Tasse, schleppt sie den Tag über mit sich herum und stellt sie abends wieder in die Küche. Oder auch nicht: Viele Kollegen sind so beschäftigt, dass sie ihre Tasse nicht zurückbringen, so dass sich in ihren Büros die Tassen ansammeln, die dann in der Küche fehlen. Die mögliche Folge: Aufgrund des Kaffeetassenmangels wird weniger Kaffee getrunken.

Sie finden das trivial? Ist es im Grunde auch, aber von den Bürotassen-Kreisläufen kann man etwas darüber lernen, wie in den Augen mancher Politiker, Analysten und Ökonomen Konjunkturschwankungen entstehen: Wenn zu viele Menschen ihr Geld – ihre Kaffeetassen – zurückhalten, dann gerät die Konjunktur ins Stocken, will heißen, es wird weniger Kaffee getrunken. Das Interessante an diesem Kreislauf ist allerdings die ihm innewohnende Mechanik: An irgendeinem Punkt, wenn zu wenige Kaffeetassen da sind und sich die Tassen in den Büros der Kollegen stapeln, wandern sie wieder zurück in die Küche, und das Kaffeetrinken kann fröhlich von vorne beginnen. Der Clou an diesem System ist nämlich, dass die Tassen ja nicht verloren gehen können – sie sind höchstens für eine Weile aus dem Verkehr gezogen.

Genauso verhält es sich auch mit den Einkommen der Bürger: Sie haben ihr Geld ja verdient, und irgendwann wird dieses Geld auch wieder den Weg zurück in den Wirtschaftskreislauf finden.

In der klassischen Theorie spricht man dabei vom Say’schen Theorem: Jedes Angebot schafft grundsätzlich seine eigene Nachfrage, denn diejenigen, die das Angebot mit ihrer Hände Arbeit erzeugt haben, haben dafür eine entsprechende Gegenleistung, nämlich ihr Einkommen, erhalten – und das werden sie irgendwann wieder ausgeben, womit die entsprechende Nachfrage nach dem Angebot sichergestellt wäre. Das ist sozusagen der makroökonomische Trick dieses Theorems: Da jeder Produktion ein entsprechend hohes Einkommen gegenübersteht, das bei der Herstellung des Angebots erwirtschaftet wurde, und das so hoch ist wie der Wert der Produktion, kann es nie passieren, dass es zu wenig Nachfrage für das entsprechende Angebot gibt.

Doch wie bei unseren Kaffeetassen kann es zumindest vorübergehend zu einem Ausfall von Nachfrage kommen, nämlich dann, wenn wir unsere Kaffeetassen im Büro stapeln oder unser Einkommen unters Kopfkissen legen. Das temporäre Stapeln der Tassen in einem Büro ist in der Sprache der Ökonomen ein vorübergehendes Horten, das nichts an der grundsätzlichen Tatsache ändert, dass es auf Dauer keinen Nachfrageausfall geben kann. Natürlich kann der Weg zurück in den Wirtschaftskreislauf lang und steinig werden, aber grundsätzlich gilt immer, dass Einkommen in einem Kreislauf nie verlorengehen. Irgendwann müssen sie wieder auftauchen. Eine Konjunkturflaute – ein Ausfall von Nachfrage durch Horten – kann also dieser Idee nach nur temporärer Natur sein; die Bürger werden ihr Geld, ihre Nachfrage nur eine begrenzte Zeit zurückhalten.

Wenn nun unser Büro aber mehrere Stockwerke hat, so kann es passieren, dass Kaffeetassen in eines der unteren Stockwerke verschwinden. Sind sie damit für unseren Kreislauf verloren? Nicht wirklich: Die Tassen sind ja noch da, sie sind nur temporär in ein anderes Stockwerk gewandert, aber



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