Das Herz der Nacht by Fabienne Siegmund

Das Herz der Nacht by Fabienne Siegmund

Autor:Fabienne Siegmund [Siegmund, Fabienne]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: #subject#
ISBN: 978-3-95818-068-0
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-11-29T16:00:00+00:00


Kapitel 4

Die vierte Woche. Verschobene Realitäten. Vergissmeinnicht. Seifenblasenexplosionen. Sternschnuppenregen. Der vierte Versuch. Der Spiegel im Spiegel. Alles wird schwarz.

Der Montag begrüßte Matéo mit einem matten Grau, das Anisas Regenbogenzirkus alle Farben raubte. Prasselnder Regen trommelte mit Tropfenfingern gegen das Fenster seines Wagens.

Die Erinnerung an einen seltsamen Traum hallte in ihm nach, er hatte Anisas Schneeglöckchen zusammengefügt … Ruckartig setzte er sich auf. Nein. Das war kein Traum gewesen. Er hatte das Schneeglöckchen repariert. Sekunde für Sekunde holte er sich die Erinnerungen wieder, die ins Vergessen abtauchen wollten. Das kleine Scherbenhäuflein auf Anisas Hand. Ihre Worte, dass es zerbrochen worden war, weil Carlo ihre Freude nicht hatte ertragen können. Ihr Dank, der Moment, in dem sie seinen Namen ausgesprochen hatte. Und der Abschied, der ihm so traurig und endgültig vorgekommen war. Als würden sie sich niemals mehr sehen … Was unmöglich sein konnte. Sie sahen einander jeden Tag, bei jeder Vorstellung. Sie trafen sich nicht immer, aber der eine wusste, dass der andere da war … Und eines Tages würde es ihm gelingen, sie beide zu befreien. Dann würden sie nach Hause gehen.

Ihm war, als wäre ihm gestern noch eine Idee gekommen, den Mond zu erreichen, aber so sehr er auch darüber nachdachte, er konnte den Gedanken nicht fassen, die Erinnerung nicht wieder erwecken. Es war wie bei einem Traum, von dem man noch wusste, dass er schön war, aber nicht mehr erzählen konnte, wovon er gehandelt hatte.

Das Lied, das er so oft schon gar nicht mehr hörte, drang als Summen in den Wagen und er hielt sich die Ohren zu, um es nicht hören zu müssen. Es war zu laut für diesen Morgen, an dem es ihm kaum gelang, aufzustehen.

Ihm schwindelte, sein Wagen schien sich um ihn zu drehen. Gerüche, die keinen logischen Ursprung hatten, stiegen ihm in die Nase, Traumgespinste jagten am helllichten Tag an ihm vorbei. Erinnerungen flackerten auf und seine Augen spielten ihm wie seine Nase Streiche.

Am Abend wusste er abermals nicht, was er den Tag über getan hatte und wann er zum Zelt hinübergegangen war. Der Tag war in dem hornissenhaften Summen untergegangen, war grau und wolkenschwer gewesen wie der Himmel.

Jetzt aber erwachte die Nacht, und der Tag floh vor ihrer Lebendigkeit. Matéo hoffte, dass sich mit der Dunkelheit auch seine Glieder mit Leben füllen würden, doch er sollte irren. Die stumpfe Trägheit hielt an ihm fest, ihm war, als würde ihn jemand an unsichtbaren Fäden führen.

Teilnahmslos schaute er Anisa zu, die Seifenblasen in den Manegenhimmel steigen ließ, wo sie einem Feuerwerk gleich in Abermillionen glitzernde Tropfen zersprangen. Er sah ihre Tränen, als sie die Manege verließ, verstand, dass da hätte kein Feuerwerk sein sollen – es berührte ihn nicht.

Wortlos ließ er sie stehen, um an ihrer Stelle die Manege zu betreten. Und was immer er auch vorführte – es entsprang ebenso wenig seiner selbst wie die Entscheidung, umgehend nach seinem Auftritt zurück in seinen Wagen zu gehen, Mireia aus dem Weg zu drängen, die ihn hatte aufhalten wollen, um mit ihm zu sprechen.

Dienstag und Mittwoch



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