Das Haus der Träume by Rachel Hore

Das Haus der Träume by Rachel Hore

Autor:Rachel Hore [Hore, Rachel]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-06-03T16:00:00+00:00


22. KAPITEL

Vanessas rätselhafte Krankheit im Frühling 1928 dauerte einige Wochen an und wurde zu einer großen Belastung für die gesamte Familie. Abwechselnd bemühten sie sich, die schwierige Patientin zu versorgen und den übertriebenen Forderungen von Agnes’ Vater nachzukommen, der seine Sorge um seine neue Frau nicht verbergen konnte. Er hielt sich ungewohnt lange in Seddington auf.

Vanessa war nur selten in der Stimmung für eine Unterhaltung, aber sie zeigte sich erfreut über Agnes’ Angebot, ihr zum Zeitvertreib etwas vorzulesen. Das Mädchen versuchte es mit Kurzgeschichten von Dickens und Thackeray, aber Vanessa beklagte sich, dass sie Kopfschmerzen davon bekäme. Am Ende stellte sich heraus, dass sie am liebsten Klatsch- und Tratschgeschichten aus der Zeitung mochte. Als Vanessa die Berichte über die anstehende Londoner Saison hörte, schien sie kurzzeitig aufzuleben, doch dann sank sie erneut in sich zusammen und lag niedergeschlagen auf dem Sofa.

Erst Ravens Rückkehr aus Cambridge verhalf ihr schließlich zur Genesung. Er widmete ihr seine gesamte Zeit, spielte ihr Musik vor, plauderte und lachte und lud Freunde ein, um sie aufzumuntern. Sie begann wieder zu essen, und ihr Gesicht bekam allmählich etwas Farbe. Der Arzt war zufrieden mit Vanessas Fortschritten und empfahl ihr regelmäßige Spaziergänge im Garten und sogar Seeluft.

Dann weigerte sich Vanessa eines Tages, wie üblich im Bett zu frühstücken. Sie schwebte nach unten, um sich zu Agnes und Raven an den Tisch zu setzen. Ihre Blässe war verschwunden, ihre Augen leuchteten.

»Ihr Lieben, ich finde, wir sollten alle nach London fahren.« Sie lachte über ihre erstaunten Gesichter. »Wir brauchen dringend etwas Aufmunterung, und dich, Agnes, müssen wir unbedingt den richtigen Leuten vorstellen. Ich weiß, dass Gerald dich hier am liebsten für immer einsperren würde, aber ich finde, jedes Mädchen sollte eine Chance bekommen. Ich werde mit ihm reden. Bitte, kommt mit – alle beide.« Sie schaute abwechselnd von Agnes zu Raven. »Hier ist es doch todlangweilig. Jeder, der etwas auf sich hält, ist jetzt in der Stadt.« Sie kicherte aufgeregt.

Hinter ihr stieß Lister einen irritierten Laut aus, den er rasch in ein Hüsteln verwandelte. Nur Agnes erkannte, dass es mehr war als der Anflug einer leichten Erkältung.

»Natürlich werden wir erst mal im Apartment wohnen.« Es handelte sich um Geralds Zweitwohnung am Queen’s Square in Bloomsbury, wo er sich während der Woche aufhielt. »Aber ich werde mit eurem Vater sprechen, dass wir dringend etwas Größeres und Schickeres brauchen. Und für dich, Agnes, müssen wir unbedingt etwas Anständiges zum Anziehen besorgen.«

In der Woche darauf herrschte großer Trubel. Agnes’ Vater war so froh, dass seine Frau offenbar wieder gesund war, dass er ihr nichts verweigern konnte. Er schlug sogar vor, Agnes’ Tante Florence zu bitten, Agnes bei ihrer Einführung in die Gesellschaft zu begleiten. Und ehe Agnes sich versah, zog sie in ihr eigenes kleines Zimmer am Queen’s Square ein, und mit ihr eine respektable Sammlung feinster Ensembles für jede nur mögliche Gelegenheit: Cocktails im Ritz, Dinner, Bälle, Lunchs mit Freundinnen und Shopping bei Harrod’s. Ihre Lieblingsstücke waren ein grünes Seidenkleid mit Fledermausärmeln und einem hübsch gemusterten Vorderteil und dazu passenden Satinschuhen sowie ein beigefarbener Plisseemantel mit Pelzbesatz.



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