Das geheime Band zwischen Mensch und Natur by Peter Wohlleben

Das geheime Band zwischen Mensch und Natur by Peter Wohlleben

Autor:Peter Wohlleben [Wohlleben, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fach-/Sachbuch
ISBN: 9783453280953
veröffentlicht: 2019-08-12T00:00:00+00:00


Erste Hilfe aus der Naturapotheke

Wenn wir uns schon mit den indirekten Wirkungen der Bäume beschäftigen, dann sollten wir auch einen Blick auf das werfen, was uns die Riesen direkt für unsere Gesundheit zu bieten haben. Im Weg stehen uns dabei Vorbehalte, wie ich sie bei meinen Führungen immer wieder erlebe. So können Sie die Blätter von Buchen, Eichen und vielen anderen Laubbaumarten bedenkenlos essen, sie sind sogar gesund. Doch wenn ich meine Gäste dazu animieren möchte, blicke ich erst einmal in skeptisch-ablehnende Gesichter. Man soll wirklich einfach so in ein Blatt beißen können? Ja, das geht, und zumindest im Frühjahr in der Zeit nach dem Laubaustrieb schmecken die zarten, grünen Blätter lecker und leicht säuerlich. Gerade aus Buchen- und Eichenlaub können Sie schöne Salate zaubern.

Auch Kopfschmerztabletten sind im Wald eigentlich überflüssig. Weiden halten hierzu das Gleiche bereit, weil ihre Rinde Salicin enthält. Der Name stammt übrigens von den Bäumen selbst, deren Pflanzengattung auf Latein Salix heißt. In der Weidenrinde findet sich je nach Art bis zu zehn Prozent dieser Substanz, die nach Einnahme im Körper zu Salicylsäure umgewandelt wird. Die bekannten synthetischen Medikamente auf Basis des Wirkstoffs Acetylsalicylsäure wirken zwar stärker, haben aber auch mehr Nebenwirkungen, wie etwa die Blutverdünnung. Solange diese unerwünscht ist, können Sie bei Kopfschmerzen oder Fieber gerne zu Weidenrindentee greifen. Das machen Menschen schon seit Jahrtausenden, wie alte Tontafeln aus der Zeit von 700 v. Chr. belegen. Und auch die synthetische Salicylsäure beruht auf Forschungen um 1830, bei der Wissenschaftler das Geheimnis des Weidenrindentees ergründeten. Die modernen weißen Tabletten sind also nichts anderes als ein chemischer Nachbau dessen, was in unseren heimischen Bäumen enthalten ist.

Natürlich wäre es schade, wenn Sie nun gleich in den Wald gehen und dort eine Weide schälen. Das ist für den Baum wie eine Häutung bei lebendigem Leib. Doch ein paar Zweige, die Sie abschneiden und zu Hause entrinden, dürften den Schaden für den Baum im Rahmen halten. Besonders gut geeignet ist hierfür die heimische Silberweide, die entlang von Flüssen zu finden ist. In den Wäldern der Mittelgebirge werden Sie dagegen überwiegend auf die Salweide stoßen, die oft an Waldrändern oder auf Kahlschlägen wächst. Hier findet der kleine Baum, der kaum 15 Meter Höhe erreicht, eine Nische, die ihm unter Buchen und Eichen verwehrt ist. Sein Gehalt an Salicin ist zwar geringer, aber warum probieren Sie es nicht einfach einmal aus? Und wenn Sie keinen Baum beschneiden möchten, dann bietet sich entlang von Bächen und sumpfigen Stellen oft Mädesüß an. Das Kraut mit den weißen Blüten riecht sumpfig-süßlich und enthält ähnliche Stoffe wie die Weidenrinde. Ein Tee aus den zwischen Juni und Juli gesammelten Blüten sollte also ebenfalls seine Wirkung zeigen.

Der Wald hilft aber nicht nur bei Kopfschmerzen. Wie wäre es mit einem Mittel gegen Insektenstiche und andere Schwellungen? Dazu brauchen Sie nur einen Ahorn bzw. eines seiner Blätter. Leicht gequetscht und auf die Stichstelle gelegt, hilft es beim Abschwellen. Das funktioniert sogar bei geschwollenen Füßen nach einer langen Wanderung.

Eichen hingegen helfen eher innerlich, etwa bei Halsentzündungen. Dazu brauchen Sie etwas Rinde, die Sie zu einem Tee aufbrühen und schluckweise trinken können.



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