Bronjas Erbe by Beate Rygiert

Bronjas Erbe by Beate Rygiert

Autor:Beate Rygiert [Rygiert, Beate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Polen, Deutschland, Wehrmacht, Vergangenheit, 3. Reich, Krieg, Hitler
ISBN: 978-3-95520-221-7
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2014-09-26T16:00:00+00:00


Diese Kirche ist eigentlich viel zu groß für das Städtchen, denkt Ewa, als sie auf das Portal zugeht. Die Backsteinfassade, trutzig und abweisend, birgt aus der Nähe betrachtet überraschende Einzelheiten. Aufwärts strebt sie in irgendeinem spätgotischen Stil, Ewa kramt in ihren kunsthistorischen Kenntnissen, Historismus, hört sie klar und deutlich Jean-Claudes Stimme sagen, aber schnell verscheucht sie ihn wieder aus ihren Gedanken, nein, keine Lust auf sein Dozieren, schaut statt dessen die Fassade hinauf, ganz in den Nacken muss sie den Kopf legen, und ahnt doch mehr die Türme, als dass sie sie sehen kann, die himmelwärts leitenden Linien sind durchbrochen von trutzigen Elementen einer mittelalterlichen Ritterburg, hier hat man sich großzügig und unbekümmert aus dem Schatzkästchen der Epochen bedient. Am großen Portal bleibt sie stehen, versucht sich vorzustellen, wie ihr Vater als kleiner Junge mit seinen Eltern hier sonntags zur Messe kam. Ich war sehr stolz auf meine schöne Mutter, hört sie ihn wieder sagen. Dann öffnet sie die Tür.

Golden. Golden, rostbraun und blau. So stellen sich Kinder den Himmel vor. Ewa schließt die Augen, senkt den Kopf und öffnet sie wieder. Sie steht auf einem schlichten, akkurat sauberen Boden aus weißen achteckigen Steinkacheln, die dort, wo vier Ecken aufeinanderstoßen, von kleineren schwarzen Quadraten durchsetzt sind. Heute wieder ganz in Mode, sie kennt ein paar erfolgreiche Menschen, die ihre schicken Altbaubäder für teures Geld in diesem Stil fliesen ließen. Aber hier fällt das Mittagslicht golden über den Boden, macht ihn stumpf und weich, schattiert die schlichte Musterung senffarben und sepiabraun.

Dann wandert ihr Blick wieder die Säulen hinauf, entlang den verschwenderischen und doch streng geordneten Ranken und Blüten in rostigem Orange mit sattgrünen, stilisierten Blattornamenten, geometrisch und doch wuchernd, eine Mischung aus Jugendstil und Volkskunst, kunstvoll und einfach in einem. Himmel und Erde: rostbraun und sepia, senfgelbe satte Ranken, die sich verschlingen und komplizierte Knoten und Brezelmuster bilden, dazwischen Felder in Blau, leuchtend und intensiv verdichten sie sich immer mehr, je höher es hinaufgeht, bilden einen Himmel, königsblau mit leuchtenden Sternen, wiederum unterteilt und gegliedert durch die Farbe der Erde in ockergoldenen Kreuzrippen und grünen Bändern.

Kein Fleckchen ist ausgespart. Diese Kirche ist so vollständig ausgemalt, wie Ewa es noch nie gesehen hat. Es ist, als habe ein Kind die Farben der Erde und des Himmels in einem großen Malkasten bekommen und sich seine Träume von einem Haus, in dem Gott wohnt, aus dem Herzen gemalt. Immer wieder entdeckt Ewa neue Details, übereinander gezackte Ornamente in den Innenseiten der Bögen, kleine Varianten der Rankmotive, Bänder, Borten, wie die Webarbeiten in Jolantas Museum. Und alles lenkt den Blick nach vorn zu dem geschnitzten Hochaltar.

Er ist vollkommen golden. Erst nach einer Weile erkennt Ewa verschiedene Strukturen und Figuren in dem dreiflügeligen Aufbau. Hier wiederholt sich das Prinzip der Kirchenfassade, ein Spitzbogenportal in der Mitte, flankiert von zwei kleineren, und an jeder Kante goldene Türmchen und Engelwesen, die nach oben wachsen, auf die bemalte Apsis weisen. Hier, über allem, thront eine Märchengestalt, Ewa denkt erst, es sei die Himmelskönigin, denn goldblonde Locken wallen unter der



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