Blutstein by Johan Theorin

Blutstein by Johan Theorin

Autor:Johan Theorin [Theorin, Johan]
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3
ISBN: 9783492951500
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2012-06-28T15:53:25+00:00


36

Per zeigte den Einbruch bei der Polizei in Kristianstad an, obwohl Jerry nicht ermitteln konnte, ob tatsächlich Unterlagen aus der Kommode entwendet worden waren oder nicht.

»Jerry, was fehlt?«, hatte er ihn mehrfach gefragt. »Was haben sie mitgenommen?«

Aber sein Vater hatte nicht geantwortet, sondern nur stumm und verwundert auf die Haufen gestarrt, so als könnte er gar nicht zuordnen, was da vor ihm lag. Als Per die Unterlagen durchblätterte, stellte er fest, dass es sich vor allem um alte Mietrechnungen und Kontoauszüge handelte.

Aber wo waren die anderen Dokumente? Verträge mit den Modellen, mit denen Bremer und Jerry gearbeitet hatten? Vereinbarungen, in denen die Mädchen bestätigten, dass sie nicht zu jung waren und sich freiwillig für die Aufnahmen zur Verfügung gestellt hatten?

Aber er fand kein einziges Dokument dieser Art.

»Weißt du, was du alles hier in deiner Wohnung aufbewahrt hast, Jerry? Waren das wichtige Unterlagen?«

»Papiere.«

»Waren das wichtige Papiere?«

»Doku...«

Jerry verstummte, das Wort war zu schwer.

»Unterschiedliche Dokumente? Auch von Morner Art?«

»Morner Art?«

Jerry schien sich noch nicht einmal an den Namen seiner Aktiengesellschaft erinnern zu können.

Als Per bei der Polizei anrief, konnte er nur vage Angaben zu dem Einbruch machen. Sie nahmen die telefonische Anzeige entgegen, würden aber nicht vorbeikommen, um den Tatort zu untersuchen.

»Wir haben Feiertag«, erklärte der Polizeibeamte. »Wir können uns nur auf die akuten Fälle konzentrieren. Aber vielen Dank für die Anzeige, wir halten unsere Augen offen.«

Gegen neun Uhr abends rief Per seine Tochter im Krankenhaus an, um ihr eine gute Nacht zu wünschen.

»Wie geht es dir?«

»Geht so.« Ihre Stimme war dünn, aber er konnte sie gut verstehen. »Ein bisschen besser als gestern ... Ich habe wieder einen Tropf und einen Haufen Spritzen bekommen.«

»Gut«, sagte Per ein wenig geistesabwesend. »Und ich habe deinen Glücksstein gefunden.«

»Hast du wirklich? Wo war er denn?«

»Auf deinem Bett«, erzählte Per. »Du bekommst ihn, wenn ich dich morgen besuche. Gibt es noch andere Neuigkeiten?«

»Nee ... obwohl, es sind viele Neue hier auf Station«, sagte Nilla zögerlich. »Ein Junge ist dabei, er heißt Emil.«

Ihre Stimme klang plötzlich heller und fröhlicher, als sie seinen Namen nannte, deshalb hakte Per gleich nach:

»Ist er denn so alt wie du?«

»Beinahe. Er ist fünfzehn.«

»Prima«, sagte Per. »Frag ihn doch, ob er ›Mensch ärgere dich nicht!‹ spielen will.«

Nilla kicherte und wechselte dann das Thema:

»Hast du meinen Gedanken heute Abend bekommen? So gegen acht Uhr?«

»Ich glaube schon ... Ich habe auf jeden Fall einen Haufen Bilder im Kopf gehabt.«

»Woran habe ich denn gedacht? Was hast du gesehen?«

Per blickte aus dem Fenster in den Himmel über der Stadt und riet einfach:

»Wolken?«

»Nein.«

»Sonnenuntergang?«

»Nein.«

»Hast du an deine Freunde gedacht?«

»Nee, an Fledermäuse.«

»Fledermäuse? Warum das denn?«

»Sie fliegen abends ums Krankenhaus herum«, erklärte Nilla. »Die flattern wie schwarze Stofffetzen über den Abendhimmel.«

»Interessierst du dich nicht mehr für Vögel?«

»Doch, tagsüber. Aber wenn ich abends nicht einschlafen kann, sehe ich den Fledermäusen zu.«

Per versprach ihr, sie am nächsten Tag besuchen zu kommen, und dann verabschiedeten sie sich voneinander.

Es war fast zu spät, jetzt noch nach Hause zu fahren, außerdem war niemand mehr dort. Deshalb beschloss Per, in der Wohnung seines Vaters zu übernachten.

Ehe er sich auf die Couch legte, hängte er die Sicherheitskette vor.



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