Bitteres Geheimnis by Barbara Wood

Bitteres Geheimnis by Barbara Wood

Autor:Barbara Wood
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


11

Der Leichnam lag auf dem Tisch, nackt bis auf ein Lendentuch, den linken Arm abgespreizt, so daß die Sehnen und Muskeln deutlich hervortraten. Acht bärtige Männer standen in staunender Aufmerksamkeit um ihn herum. Es war eine hervorragende Reproduktion von Rembrandts Anatomiestunde bei Dr. Tulp, und Bernie Schwartz war gefesselt von der Darstellung.

Jonas, der dem Freund in seinem Arbeitszimmer gegenübersaß, wartete ungeduldig auf einen Kommentar. Als das Schweigen sich in die Länge zog, hielt er es nicht mehr aus. »Und?« fragte er. »Was sagst du?«

Bernie wandte den Blick von dem Bild und richtete ihn auf Jonas. »Du hast mich überzeugt.«

Jonas entspannte sich etwas. »Dann bin ich also nicht verrückt.«

Bernie lächelte. »Nein, mein Freund, das bist du nicht. Das alles ist doch nicht zu widerlegen.« Er wies mit seiner kurzen, weichen Hand auf die Papiere, die vor ihm auf dem Sofa ausgebreitet lagen. Er hatte die vergangene halbe Stunde damit zugebracht, Jonas Wades Aufzeichnungen und die umfangreiche Bibliographie durchzusehen. »Ich muß sagen«, fügte er hinzu, »ich bin beeindruckt. Ich hätte das nicht für möglich gehalten. Vor zwei Monaten war ich noch sicher, du hättest einen Floh im Ohr. Jetzt hast du mich überzeugt.«

Jonas war erregt. Die Tatsache, daß Bernie Schwartz seine Theorie akzeptierte, beflügelte seinen Ehrgeiz. Er stand auf und ging ein paarmal im Zimmer hin und her.

»Mir macht die Sache angst, Bernie.«

»Wieso?«

Jonas schloß die Zimmertür, als draußen jemand den Fernsehapparat aufdrehte, und kehrte zu seinem Sessel zurück.

lch war die ganze Zeit ziemlich sicher«, sagte er, »daß es nur eine formlose Gewebemasse ist, eine Wucherung. Ich hatte vor, den behandelnden Arzt im St. Anne's aufzusuchen Lind ihm meinen Verdacht mitzuteilen. Ich wollte sie dann in ein paar Wochen operieren. Ich rechnete mit einem Dermoid. Aber dann« er schaute einen Moment in sein Whiskyglas, dann stellte er es auf den Tisch -, »dann erschien sie in meiner Praxis und sagte, sie hätte seinen Herzschlag gehört.«

»Na und? Was ist daran so beängstigend?«

»Es ist ein parthenogenetischer Fötus, Bernie. Dir ist doch klar, was das bedeutet? Lieber Gott, wer weiß, was da herauskommt.«

»Na, was man in solchen Zweifelsfällen macht, weißt du doch besser als ich. Mach ein paar Röntgenaufnahmen.«

»Das kann ich nicht. Es ist zu früh. Vor der vierundzwanzigsten Woche kann man nicht röntgen. Die Strahlung könnte dem Fötus schaden.«

»Dann kannst du nur warten. lch bin sicher, das Kind ist normal, Jonas -«

»Und woher nimmst du diese Sicherheit?« Ein Anflug von Ärger schwang in seiner Stimme. »Im Labor wurden bei Stimulation durch Stromschlag gesunde Mäuse hervorgebracht. Es wurden aber auch Mutationen geboren.« Jonas schwieg einen Moment, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Mutationen, Bernie!«

»Es hat einen Herzschlag «

»Auch eine Missgeburt kann einen Herzschlag haben, Herrgott noch mal!«

Die beiden Männer sahen sich schweigend an.

»Es ist eine Riesenverantwortung«, murmelte Jonas schließlich. »ich muß mit den Eltern sprechen. Sie müssen gewarnt werden.«

»Was redest du da, Jonas?« fragte Bernie scharf. »Sprichst du von Abtreibung?«

Jonas zog die Brauen hoch. »Aber nein! Der Gedanke ist mir überhaupt nicht gekommen. Außerdem kommt das sowieso nicht in Frage. Das Kind kann deformiert sein, aber es muß nicht so sein, und im Augenblick können wir nicht röntgen.



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