Berühre mich. Nicht. by Laura Kneidl

Berühre mich. Nicht. by Laura Kneidl

Autor:Laura Kneidl
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: LYX.digital
veröffentlicht: 2017-09-19T00:00:00+00:00


18. Kapitel

Das Geräusch der Stifte, die über Papier kratzten, klang wie ein Feuerwerk in meinen Ohren – viel zu laut. Ich versuchte, die laute Stille auszusperren und mich auf die Fragebögen zu konzentrieren, die vor mir lagen. Mir blieben nur noch zehn Minuten Zeit, um diese Klausur zu rocken, und ich hatte erst zwei Drittel der Fragen beantwortet. Ich wusste, was Professor Eriksen hören wollte. Stundenlang hatte ich das Lernmaterial gebüffelt und mir sämtliche Fachbegriffe eingeprägt. Doch das Wissen wollte einfach nicht aus meinem Kopf über den Stift aufs Papier fließen.

Ich holte tief Luft. Es gab keinen Grund, meine Aufmerksamkeit auf den Raum oder meine Kommilitonen zu richten. Kein Mensch interessierte sich für mich. Nicht Connor, der drei Plätze neben mir saß. Nicht Gavin, der fünf Reihen hinter mir war. Und auch nicht der Typ mit den Dreadlocks, der gerade wie ein Verrückter die Antworten auf dem Blatt vor sich durchstrich.

»Noch fünf Minuten«, hallte die Stimme des Professors durch den Raum. Es klang weniger wie eine Information als wie eine Drohung.

Mehrere Studenten stöhnten genervt auf, ehe sie die Minen ihrer Stifte noch fieberhafter aufs Papier drückten.

Jetzt oder nie. Ich las die letzte Frage noch einmal durch und setzte zu einer Antwort an. Alles war besser als Nichts, denn für Nichts konnte man keine Punkte bekommen. Getrieben von dem Gedanken, diese Prüfung unbedingt bestehen zu müssen, rauschten die letzten fünf Minuten an mir vorbei, bis wir vom schrillen Piepsen eines Weckers erlöst wurden. Ich ließ meinen Kugelschreiber, der feucht von meinen verschwitzten Händen war, fallen und brachte die DIN-A4-Blätter in die richtige Reihenfolge.

Während der Professor und sein Assistent die Prüfungsbögen einsammelten, entbrannten überall im Raum Diskussionen, und Fragen und Antworten wurden miteinander verglichen. Ich wollte nichts davon hören. Der Test war geschrieben. Entweder bestand ich oder eben nicht. In diesem Moment konnte ich nichts mehr an dem Ergebnis ändern. Kein Grund, jetzt schon Panik zu schieben.

Ich packte meine Tasche und sah bei einem Blick auf mein Handy, dass ich zwei neue SMS erhalten hatte. Eine kam von April, die andere war von Luca, und beide wollten, dass ich sie vor der Mensa traf, um zur Feier des Tages gemeinsam essen zu gehen. Nach den Strapazen der letzten Minuten hatte ich mich eigentlich auf etwas Ruhe gefreut und darauf, mein billiges Sandwich im Schatten irgendeines Baumes zu essen. Doch ich brachte es nicht über mich, den beiden einen Korb zu geben. Nicht nach allem, was sie für mich getan hatten.

»Hey, Sage.« Gavin kam die Treppe des Auditoriums hinabgelaufen, den Rucksack über eine Schulter geschwungen. »Kommst du mit in die Mensa?«

»Klar.« Ich schnappte mir meine Tasche.

Inzwischen waren die meisten Studenten gegangen, nur vereinzelt wurde noch hitzig diskutiert, und einige von ihnen belagerten Professor Eriksen an seinem Pult, um die richtigen Antworten aus erster Hand zu erfahren. Wieso quälten sich diese Leute selbst?

»Was ist mit dir?« Einen Moment war ich von Gavins Frage irritiert, bis ich begriff, dass er sie nicht an mich gerichtet hatte, sondern an Connor. Der saß nach wie vor vollkommen starr an seinem Platz und blickte erst auf, als er Gavins Worte hörte.



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