Aus dem Nichts ein neues Leben by Heinz G. Konsalik

Aus dem Nichts ein neues Leben by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-28T04:00:00+00:00


Ellerkrug mußte ohne Pause gefahren sein … er traf schon am nächsten Morgen in Leverkusen ein.

Die Polizei war gerade gegangen, nachdem sie die üblichen Fragen gestellt hatte nach Aussehen von Inge, was sie anhatte, besondere Kennzeichen, ob Paskuleit einen Verdacht habe … alles Fragen, die im luftleeren Raum zerflatterten. Ein Straßenbahnschaffner hatte Inge zuletzt gesehen: Sie stand vor dem Spielwarengeschäft der Gebr. Wattzke und hatte eine Stoffpuppe betrachtet. Das Geschäft der Gebr. Wattzke lag in der Nebenstraße, fast in Sichtweite von Paskuleits Schuhladen.

Um zwölf Uhr mittags klingelte das Telefon. Paskuleit hob ab und hörte eine deutlich verstellte Stimme. »Morgen dreiundzwanzig Uhr mit 100.000 Reichsmark. Platz kommt noch.«

Bevor Paskuleit antworten oder fragen konnte, legte der Mann auf.

»100.000!« sagte Paskuleit bleich zu Ellerkrug. »Erna hatte recht. Wir sind jetzt so weit oben, daß es sich lohnt zuzuschlagen! Heinrich, es gibt nichts Gemeineres als den Menschen! Da ist Deutschland nun zerbrochen wie'n alter Blumentopf, – aber der verdammte Schimmel ist wieder da und wächst und gedeiht. Es gibt nichts, was die menschlichen Schmarotzer ausrottet, nicht mal so ein Krieg.«

Paskuleit und Ellerkrug warteten sieben Tage auf eine neue Nachricht der Entführer. Jeden Tag besuchten sie Erna im Krankenhaus, und wenn sie ihnen stumm entgegenblickte, schüttelte Paskuleit schon an der Tür den Kopf und sagte auch nichts.

»Sie kommt wieder«, sagte Ellerkrug und hielt stundenlang Ernas kleine, bleiche, kalte Hände fest. »Mit dem Kind können sie nichts anfangen … es geht ihnen nur um die 100.000 Mark. Und die stehen bereit. Auch die Polizei wird nichts erfahren … bis wir Inge wiederhaben.«

Das Warten zerrte an Paskuleits Nerven, auch wenn er nach außen den Starken spielte. Ein paarmal hatte er dieses Stechen am Herzen wieder gehabt, aber wenn er kräftig Luft holte, war's auch immer wieder vorbei. Er war auf die Folter der Zeit gespannt, saß immer in der Nähe des Telefons und schlief neben dem Apparat. Aktiv dagegen wurde Franz Busko. Seine erste Parteirede wurde ein großer Erfolg. Was Paskuleit ihm aufgeschrieben hatte, las er mit Pathos ab, und dann – an einer geeigneten Stelle – unterbrach er das Konzept und hielt in bester ostpreußischer Breite eine Donnerrede gegen das Verbrechertum. Er forderte die Todesstrafe für Entführer – wie in Amerika – und erntete rauschenden Beifall. Dann setzte er Paskuleits wohl durchdachtes Manuskript fort und wurde am Ende vom gesamten Parteivorstand beglückwünscht. Es gab keinen Zweifel: Franz Busko war der geborene Politiker. Nur eine kleine Schönheitskorrektur war nötig: Er mußte den richtigen Gebrauch von ›mir‹ und ›mich‹ lernen. Aber daran ist noch nie eine große politische Karriere gescheitert!

Endlich, am achten Tage nach Inges Verschwinden, rief der Erpresser wieder an. Ganz kurz, um keine Möglichkeit zu geben, seinen Standort zu bestimmen: »100.000, heute um dreiundzwanzig Uhr Autobahn Köln-Frankfurt, Rastplatz Königsforst. Einfahren ohne Licht, Geld aus dem Fenster werfen. Inge steht an Ausfahrt des Rastplatzes an einen Baum gebunden. Ende.«

»So ein Sauhund«, stammelte Paskuleit. »So ein Schwein. An einen Baum gebunden … ein Kind … Das darf man Erna gar nicht sagen …«

»Um Himmels willen, nein!« Ellerkrug wischte sich über die Augen.



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