Aristoi by Williams Walter Jon

Aristoi by Williams Walter Jon

Autor:Williams, Walter Jon [Williams, Walter Jon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-20T00:00:00+00:00


KAPITEL 11

SCHÖN:

Und was bedeutet das?

LULU:

Was das bedeutet? Das Messer – dein Tod!

Der Morgen brach an, und Gabriel war verliebt. Unbarmherzig wie immer hatte Willkommener Regen Remmy auf dem Empfang nachgestellt, hatte ihn verfolgt, wie Vronski Anna durch den ganzen Zug verfolgt hatte. Hatte jede noch so winzige Schwäche ausgenutzt, hatte provoziert, appelliert, Vorschläge gemacht und nie eine Absage gelten lassen. Hatte sich nie beirren lassen, wenn Remmy sich verweigerte – Ablehnung und Verweigerung waren für ihn nichts anderes als Strategien der Selbstverleugnung, der Schleier, hinter dem Remmy seine Veranlagung versteckte… Und als Gabriel in Remmys Kutsche den Empfang verlassen hatte und mit ihm zu seiner kleiner Privatwohnung im Stadtteil Santa Leofra gefahren war, hatte Willkommener Regen in Gabriels Kopf Siegesfeier gehalten und seinen Triumph ausgekostet.

Alles das war nur möglich gewesen, weil Gabriel ein erfahrener Kenner der menschlichen Psyche war, der die Körpersignale zu deuten verstand, durch die die Seele sich mitteilte. Der jede Haltung, jede Pose, jede körperliche Äußerung wie einen Trumpf in einem Spiel einsetzen und den Geist eines anderen lenken und dirigieren konnte, wie es ihm gefiel.

Die Menschen auf diesem Planeten besaßen nur eine unvollständige Psyche. Sie waren hilflos, wenn es einem einheitlich ganzen menschlichen Wesen einfiel, mit allem, was ihm an Macht zur Verfügung stand, auf sie einzuwirken.

Alles war einem Aristos hier möglich, buchstäblich alles. Vielleicht hatte auch Saigo das erkannt. Und vielleicht hatte er Gefallen daran gefunden – an dieser kleinen Welt, in der alle seine Opfer waren.

Ihr Glück, dachte Gabriel, daß wenigstens ich keine wirklich gefährlichen Neigungen habe.

Remmy schlief. Gabriel hatte wie üblich zwei Stunden geschlafen und war jetzt ausgeruht. Er zog seine Soutane an und schlich durch die Wohnung.

Es war eine kleine Wohnung. Sie bestand aus drei Zimmern, die über drei Stockwerke verteilt waren: In der oberen Etage lag das Schlafzimmer, in der mittleren das Wohnzimmer, im Untergeschoß Flur und Angestelltenzimmer. Alle waren sie zartgrün oder orange gestrichen, hatten spiegelblanke Holzfußböden und waren mit Heiligenbildern und Kruzifixen geschmückt. In einem der Räume war ein kleiner Schrein aufgestellt – Gabriel hatte amüsiert mitangesehen, wie Remmy vor ihm niederkniete und vor dem Zubettgehen sein Abendgebet verrichtete. Neben handkolorierten Drucken hingen Musikinstrumente an den Wänden, im Wohnzimmer stand – auf vier stabilen Beinen – ein Instrument, das einem Cembalo glich.

Gabriel sah aus dem Fenster. Es war kurz vor Tagesanbruch. In den Hauseingängen lagen die Bettler, jeder auf seinem Stammplatz. Sie schliefen noch. Außer dem einen oder anderen Handwerker, der zur Arbeit ging, war nur noch ein elegant gekleideter Mann unterwegs: Er war bewaffnet und versteckte sich unter einem Kapuzenumhang. Er kam von einem Rendezvous.

Santa Leofra war ein kurios gemischtes Viertel: Mietskasernen standen unmittelbar neben stattlichen Häusern und repräsentativen Wohnbauten, Menschen aus allen möglichen gesellschaftlichen Schichten schienen hier Tür an Tür zu leben. Es hätte ein lebendiges, interessantes Viertel sein können… Aber auch hier herrschte die immer gleiche Öde und Langeweile, eine Atmosphäre, die Gabriel lahmte, die ihm aufs Gemüt schlug. Er überlegte schon, ob er nicht vielleicht mit der Cressida Kontakt aufnehmen sollte. Er könnte sich um



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