Amerika vor Kolumbus by Charles C. Mann

Amerika vor Kolumbus by Charles C. Mann

Autor:Charles C. Mann [Mann, Charles C.]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644055216
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2016-09-28T23:00:00+00:00


Die Ouachita-Mounds, wie sie nach ihrer Errichtung vor 5400 Jahren ausgesehen haben könnten.

Die frühesten bekannten Beispiele erschienen vor ungefähr 5400 Jahren, lange vor der Ankunft der Landwirtschaft, im nordöstlichen Louisiana. Aus unbekannten Gründen häuften Indianer einen Ring aus elf unregelmäßigen Mounds auf, von denen die meisten durch einen Grat miteinander verbunden waren; einer der Hügel gab den Blick frei auf den Ouachita River. Der größte war so hoch wie ein zweistöckiges Wohngebäude. Man kennt ungefähr ein Dutzend ähnlicher Stätten, unter denen der Ouachita-Ring die älteste und größte ist. Keiner der dortigen Mounds bedeckt Gräber oder enthält Artefakte oder lässt Anzeichen der Benutzung erkennen. Überhaupt waren sie so unzweckmäßig, dass der Archäologe Joe Saunders von der Northeast Louisiana University, dessen Team die Ouachita-Mounds 1997 ausgegraben hatte, halb scherzend gegenüber Science spekulierte, das Motiv für ihren Bau könne im Akt der Errichtung selbst bestanden haben. «Ich weiß, es klingt sehr nach Zen», räumte er ein.[565]

Da heutige afrikanische Jäger und Sammler in egalitären Verbänden leben, die ständig von Ort zu Ort ziehen, nahmen Archäologen an, dass sich uramerikanische Wildbeuter ebenso verhielten. Diese Ansicht geriet durch die Entdeckung der Louisiana-Mounds ins Wanken, denn sie legte den Gedanken nahe, dass wenigstens einige der frühen Indianer Stubenhocker waren. Wichtiger noch, die Hügel zeugen von einem Grad öffentlicher Autorität und gesellschaftlicher Organisation, den man selten mit Nomaden in Verbindung bringt. Der Bau eines Mound-Rings mit Hilfe von Körben oder Tierhäuten voll Sand ist eine langfristige Unternehmung. Während der Arbeiten müssen die Beteiligten versorgt werden, was bedeutet, dass andere die erforderlichen Lebensmittel liefern. Ein derartiges Planungsniveau wird üblicherweise erst nach dem Übergang zur Landwirtschaft erwartet. Wenn Menschen den Boden bestellen, erklären Anthropologen, richten sie Systeme ein, die dem Schutz ihrer Investition dienen. Irgendwann übernimmt jemand die Verantwortung dafür, Güter und Dienstleistungen zu verteilen. Aber die Mound-Erbauer in Louisiana errichteten diese mächtigen Gebilde zu einer Zeit, in der von Landwirtschaft noch kaum die Rede war – sie glich bestenfalls dem Lufthauch von einem fernen Ozean. In den zentralen Flusstälern Nordamerikas pflegten die Menschen eine Lebensweise, die nicht ihresgleichen hatte.

Nach der Errichtung der ersten Mounds in Ouachita werden die Angaben knapp, und in den Belegen entsteht eine Lücke von mehr als einem Jahrtausend. Der Vorhang öffnet sich wieder gegen 1500 v. Chr., als sich ein Archipel aus Dörfern – das größte ist bekannt als Poverty Point – im nordöstlichen Winkel von Louisiana herausbildete. Das neunzig Kilometer von der Ouachita-Stätte entfernte Poverty Point war auf ein Bauwerk fokussiert, das einem Amphitheater ähnelte: sechs konzentrische, C-förmige Erdwälle von jeweils anderthalb Meter Höhe auf einer Klippe dem Fluss gegenüber. Der Abstand zwischen den beiden Endpunkten des weiträumigsten C beträgt 1200 Meter, das heißt, die Fläche ist so groß, dass Wissenschaftler die Erdwälle erst als künstliche Anlage erkannten, nachdem sie in den 1950er Jahren Luftaufnahmen von der Stätte gemacht hatten.

Und nun zu einer anderen Lücke, diesmal von siebenhundert Jahren. Die nächste bedeutende Sequenz spielt sich hauptsächlich im Ohio Valley ab, Hunderte von Kilometern im Norden. Hier lebte eine Gruppe, die man als Adena kennt, der Name einer recht prominenten Stätte.



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