41 und 14 by Renata Juras

41 und 14 by Renata Juras

Autor:Renata Juras
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2012-02-21T16:00:00+00:00


10

»Milivoj, hast du heute Abend Zeit für mich?«

Während ich in den Hörer sprach, hielt ich mir das freie Ohr mit einer Hand zu, um nichts von seiner Antwort zu verpassen. Den Hintergrundgeräuschen nach zu urteilen war mein Noch-Ehemann auf dem Sportplatz.

Ich hatte mich gut vorbereitet. Ich wollte die Sache schnell hinter mich bringen. Wäre meine Familie dagegen gewesen, hätte ich mich gegen meine Liebe entschieden. Das stand für mich fest. Zuerst hatte ich es meinen Töchtern erzählt, jetzt wollte ich es Milivoj sagen. Ich wusste, dass die kommende Zeit für uns alle eine Belastungsprobe werden würde. Jede Nacht träumte ich von den Schlagzeilen. Die Tatsache, dass ich meinen Job verlieren würde, traf mich weitaus härter als die Vorstellung, von den Medien gedemütigt zu werden. Dennoch fürchtete ich mich auch davor, dass die Menschen auf der Straße mit dem Finger auf mich zeigen und, schlimmer noch als das, über meine Kinder lachen würden.

Eine meiner größten Stärken ist es, im Sport und im Leben mit dem Worst-Case-Szenario zu rechnen und schon im Vorhinein die entsprechenden Lösungsmöglichkeiten durchzuspielen. Ich bin immer gut vorbereitet.

Dieses Mal wusste ich, dass der einzige Pfad, der uns alle sicher über diese Gratwanderung führen würde, bedingungsloses gegenseitiges Vertrauen war. Die Steine, die diesen Weg sicherten, waren aus absoluter Offenheit und reiner Liebe gemeißelt. Wir würden als Familie zusammenhalten und sehr stark sein müssen, sonst würde uns der enorme Druck für immer voneinander entfernen.

»Renata, was ist los? Du klingst, als wäre es verdammt wichtig!« Milivoj kannte mich sehr gut. Meinem Tonfall entnahm er immer gleich, wenn etwas nicht stimmte.

»Ja, du hast recht. Es ist sehr wichtig. Ich glaube, noch nie war mir etwas so wichtig wie das, was ich dir heute Abend persönlich sagen möchte.« Ich sprach langsam und ruhig, betonte jede Silbe, jedes Wort.

»Okay, Renata, dann sehen wir uns um halb acht?«

»Danke, Milivoj.«

Den Tag wollte ich ganz normal verbringen. Doch meine Gedanken verselbständigten sich und drehten sich unaufhörlich im Kreis. Wieder und wieder ging ich die Szene im Geiste durch und suchte nach den richtigen Worten. Ich versuchte, mir seine Reaktion auszumalen. Würde er mich verurteilen oder verstehen? Wenn ich ehrlich war, verstand ich ja selbst nicht ganz, was in mir vorging. Für Fremde klang die Liebesgeschichte zwischen Ervin und mir unrealistisch und unreif. Ich selbst hätte mit ziemlich großer Sicherheit noch vor Kurzem eine Trainerin, die ihren um siebenundzwanzig Jahre jüngeren Spieler liebt, verurteilt. Diese Zahl ging mir den ganzen Tag nicht aus dem Kopf.

Ich war dankbar, als Ilse um Punkt vierzehn Uhr an der Tür läutete und zum vereinbarten Englischunterricht kam. Mit ihrem warmen Lachen begrüßte sie mich.

Die Herzlichkeit, die von dieser Frau ausging, hatte mich seit unserer ersten Begegnung berührt. Wir hatten oft nach dem Unterricht gemeinsam Kaffee getrunken und uns so immer besser kennengelernt.

Ich hatte manchmal das Gefühl, als wäre ich Ilses erste Freundin. Sie hatte mir erzählt, dass sie ein dickes und für ihr Alter sehr großes Kind gewesen war. Bei den Sportübungen, bei denen man unter langen Holzbänken durchkrabbeln musste, war sie immer steckengeblieben.



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