334 - Die Beute des Archivars by Jo Zybell

334 - Die Beute des Archivars by Jo Zybell

Autor:Jo Zybell
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Verlag
veröffentlicht: 2012-11-06T20:54:04+00:00


Er stand am Fenster, setzte sein Binocular an die Augen und blickte über den Großen Fluss hinweg zur Stadt hinüber. Coellen brannte. Die Flammen schlugen aus allen Dächern, loderten aus den Türmen des Schwarzen Doms, leckten schon nach dem leuchtenden Kristall, der zwischen ihnen hing. Eine Frau rief seinen Namen – »Rulfan!« –, und sie schrie ihn auf eine Weise, dass er mit jeder Faser seines Leibes wusste, was die Stunde geschlagen hatte: vorbei.

Er ließ das Binocular sinken, wandte sich vom Fenster ab und stieg weiter die steile Treppe hinauf. Stockwerk für Stockwerk. Sein Ziel: der höchste Raum der T-Feste. Alle seine Kämpfer wusste er dort oben. Sie warteten nicht auf ihn. Sie waren tot.

Von fern hörte er wieder die Frauenstimme seinen Namen rufen: »Rulfan!«

Seine Mutter, kein Zweifel.

An einem Fenster blieb er erneut stehen, um nach ihr Ausschau zu halten. Er setzte sein Binocular an und blickte in ein von strahlend blauem Himmel überspanntes Bergpanorama: glitzernde Schneegipfel, sattgrüne Wiesenmatten, weidendes Fleckvieh, der Wasserfall eines Gebirgsflusses. Inmitten dieser idyllischen Landschaft stand ein langer breiter Tisch aus grünem Kunstglas. Acht Männer und Frauen saßen an ihm: das Octaviat von London.

Rulfan kannte sie alle, die Octaviane, die in alten Zeiten die Bunkerstadt regiert hatten: Sir Jefferson, Valery Heath, Ibrahim Fahka, General Charles Draken Yoshiro, Lady Warrington und wie sie alle hießen. Doch als er jetzt durch sein Binocular zu ihnen spähte und ein Gesicht nach dem anderen ins Auge fasste, erkannte er sie nicht wieder: Nur Totenschädel sah er. Skelette saßen da unter der Kuppeldecke am Regierungstisch!

Allein seine Mutter war noch am Leben unter all den Toten, seine schöne Mutter Canduly! Sie drehte sich nach ihm um, winkte und sagte: »Endlich, mein Sohn! Komm zu uns. Von nun an wollen wir uns nie wieder trennen.«

Er nickte, war völlig einverstanden, und als er sich umdrehte, stand einer hinter ihm – ein gelblicher Kerl mit Tentakeln am langen Schädeloval. Rulfan erschrak schier zu Tode.

Das Bild stimmte nicht! Etwas fügte sich hier zu einem Geschehen zusammen, das nicht zusammenpasste. Rulfan kniff die Augen zusammen und riss sie wieder auf – doch er kam nicht darauf, was es war, das hier nicht stimmte.

Er hörte den Gelben etwas sagen, starrte ihn an – die dürre, hochgewachsene Gestalt verschwamm vor seinen Augen, und das, was er da in Händen hielt, auch: ein silbernes, x-förmiges Ding, tellergroß.

Das Magtron!

WO IST DER SCHLÜSSEL?

Rulfan begriff: Allein war das Magtron wertlos. Und dem Fremden fehlte der Schlüssel, um es zu aktivieren.

Nicht daran denken!

Doch die Gedanken entkamen seinem Zugriff, flatterten hinüber zu dem Gelben und umkreisten ihn. Die Erinnerung an Matt Drax, wie er ihm das Magtron übergab...

WEITER!

… und den Schlüssel für sich behielt, an einer Kette um seinen Hals.

Das blaue Licht explodierte in seinem Kopf.

»Das war es, Albino!«, zischte jemand ganz nah an seinem Ohr. »Jetzt brauche ich dich nicht mehr!«

Statt blauem Licht war plötzlich nur noch bohrender Schmerz in seinem Kopf. Rulfan hörte seine eigenen Schreie. Der Gelbe... tötete ihn!

Panik überflutete Rulfan, denn auf einmal wusste er, dass es stimmte: Er würde zu seiner Mutter gehen, zu all den anderen.



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