2002 Das Fest (Skipping Christmas) by John Grisham

2002 Das Fest (Skipping Christmas) by John Grisham

Autor:John Grisham
Die sprache: deu
Format: epub


* * *

Hemlock Street gehörte tatsächlich wieder zu den Verlierern. Luther holte am folgenden Morgen noch im Halbdunkel die Gazette ins Haus und blickte entsetzt auf die erste Seite des Lokalteils. Dort waren die Gewinner der Preise aufgelistet — erster Platz für Cherry Avenue, zweiter für Boxwood Lane, dritter für Stanton Street. Die Trogdons von gegenüber mit ihren mehr als vierzehntausend Lichtern waren in der Kategorie »Festliche Beleuchtung« auf dem vierten Platz gelandet.

In der Mitte der Seite prangte ein aus einiger Entfernung aufgenommenes großes Farbfoto von einem Teil der Krankschen Straßenseite. Luther betrachtete es eingehend und versuchte, den genauen Winkel zu bestimmen. Der Fotograf hatte die Aufnahme von oben und mit einem Weitwinkelobjektiv gemacht, so dass sie beinahe wie eine Art Luftbild wirkte.

Das Haus der Beckers nebenan schien auf dem Foto geradezu zu glühen. Und bei den Kerrs auf der anderen Seite zeichneten Tausende Glühbirnchen perfekt die Umrisse von Haus und Rasen nach, immer abwechselnd rot und grün.

Das Domizil der Kranks war dunkel.

Rechts im Bild konnte man die Häuser der Frohmeyers, Nugents und Galdys erkennen, alle mit warmer Beleuchtung und Frostys auf dem Dach. Zur Linken erstrahlten die Häuser der Dents, Sloanes und Bellingtons in weihnachtlicher Pracht.

Das Domizil der Kranks war sehr dunkel.

»Scheel«, brummelte Luther vor sich hin. Das Foto konnte nur von gegenüber geschossen worden sein. Walt Scheel musste dem Fotografen erlaubt haben, auf das Dach seines Hauses zu klettern und mit einem Weitwinkel nach unten zu halten. Wahrscheinlich hatte die ganze Straße ihn angefeuert.

Unter dem Bild stand ein kurzer Artikel. Er trug die Überschrift »WEIHNACHTEN FÄLLT AUS« und lautete:

Das Haus von Mr. und Mrs. Luther Krank wirkt zur diesjährigen Weihnachtszeit recht düster. Während ihre Nachbarn in der Hemlock Street Dekorationen anbringen und sich eifrig auf die Ankunft des Weihnachtsmannes vorbereiten, lassen die Kranks das Fest ausfallen und wollen ungenannten Quellen zufolge stattdessen auf eine Kreuzfahrt gehen. Sie haben keinen Baum, keine Lichterketten und als einziges Haus in der Hemlock Street keinen Frosty auf dem Dach — bei den Kranks muss der Schneemann weiterhin sein Leben im Keller fristen. (Hemlock Street, mehrmaliger Gewinner des Straßendekorationswettbewerbs der Gazette, landete in diesem Jahr abgeschlagen auf dem sechsten Platz.) »Hoffentlich sind sie jetzt zufrieden«, beklagte sich ein unbekannter Nachbar. »Ein ganz mieser Fall von Egoismus«, kommentierte ein anderer.

Wenn Luther gekonnt hätte, wäre er hinausgestürmt und hätte einen verdammten Frosty nach dem andern von den Dächern seiner Nachbarn geholt.

Stattdessen saß er lange Zeit mit einem Knoten im Magen am Küchentisch und versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass auch dies vorübergehen würde. Bis zu ihrer Abreise waren es nur noch vier Tage, und wenn sie wiederkamen, würden die verdammten Frostys alle weggepackt und die Lichterketten und Bäume verschwunden sein. Doch dafür würde sich eine Flut von Rechnungen in die Briefkästen ergießen — vielleicht brachten seine wunderbaren Nachbarn ja dann ein bisschen mehr Verständnis für ihn und Nora auf.

Luther blätterte den Rest der Zeitung durch, konnte sich aber nicht mehr konzentrieren. Schließlich fasste er einen Entschluss, biss die Zähne zusammen und überbrachte die schlechten Neuigkeiten seiner Frau.



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