WIE GUT KENNEN SIE DEUTSCHLAND? by Martin Doerry / Markus Verbeet
Autor:Martin Doerry / Markus Verbeet [Verbeet, Martin Doerry / Markus]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-462-31507-3
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch Verlag
veröffentlicht: 2015-09-10T16:00:00+00:00
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DIE EIGENSINNIGE REPUBLIK
Ein Essay von Dirk Kurbjuweit
Der Beitritt zur Bundesrepublik tilgte die DDR von den Landkarten. Aber hat die deutsche Vereinigung auch die Bundesrepublik verändert? Zunächst sah es so aus, als würde alles weitergehen wie gewohnt – bis Angela Merkel kam. Denn heute ist dies ein anderes Deutschland.
Der Westen wird sich den Osten einverleiben und die Früchte der Revolution in Gewinne seiner Unternehmen umwandeln. Von der DDR wird nichts bleiben, ihre Bür- ger müssen sich fremden Verhältnissen unterwerfen. Es kommt zu einer Übernahme, zu der die Revolutionäre freundlich eingeladen haben, die aber feindlich ausgeführt wird, als Vertilgung, Ausmerzung dessen, was der deutsche Osten einmal war. Die Bundesrepublik wird sich schlicht ausdehnen, und das wird es dann gewesen sein.
Das waren die Erwartungen, nachdem die Euphorie der Revolution, die Sektlaune des Mauerfalls am 9. November, verflogen war. Noch schlimmer: Die aufgepumpte Bundesrepublik könne sich rückwärts entwickeln, zu einem neu-alten Reich des Bösen. Der Schriftsteller Günter Grass sagte im Februar 1990: »Die grauenhafte und mit nichts zu vergleichende Erfahrung Auschwitz, die wir und die Völker Europas mit uns gemacht haben, schließt einen deutschen Einheitsstaat aus.« Grass war für eine Konföderation, und sollte es doch ein Einheitsstaat werden, »wird ihm das Scheitern vorgeschrieben sein«.
An diese Vorschrift hielt sich die Bundesrepublik nicht. Ein Scheitern konnte, wenn nicht alles täuscht, vermieden werden. Aber was ist mit dem anderen Verdacht, Übernahme? Kommerzialisierte Revolution? Haben die mutigen Bürger von Leipzig oder Halle nur das Heer der Konsumenten erweitert, ohne in ihrem neuen Staat politisch etwas zu verändern?
Eine Revolution hat zwei Ziele: Sie will etwas Altes beenden. Und sie will etwas Neues begründen. Ziel eins haben die 89er erreicht, der Staat DDR ist untergegangen. Mit Ziel zwei ist es schwieriger. Die Bundesrepublik hat sich über den Osten gestülpt, das Neue war etwas Altbekanntes, zunächst jedenfalls. Der Westen expandierte nach Osten.
Doch nun, 25 Jahre nach der deutschen Vereinigung, zeigt sich, dass dies nicht die ganze Geschichte ist. Die Revolution hat auch etwas Neues möglich gemacht, eine ande- re Bundesrepublik. Zwar sind die Institutionen geblieben, zwar herrscht die westdeutsche Wirtschaft über das gesamte Land, aber da ist noch eine andere Strömung. Kann es sein, dass die Bundesrepublik, die doch seit 1949 Richtung Westen blickte, seit einigen Jahren östlicher geworden ist?
Nichts hat dazu mehr beigetragen als die Bundeskanzlerin aus dem Osten, Angela Merkel. Sie ist eine Demokratin, eine Freundin der Freiheit, sie hat nicht eine große DDR geschaffen, aber sie führt dieses Land so, dass man sich hier und dort an die DDR erinnert fühlen kann.
Eine Diktatur fürchtet den offenen Diskurs, den Streit und lebt von der Fiktion der Einigkeit. Der Herrscher oder die Partei behauptet, den Volkswillen zu exekutieren, und da der einheitlich sein soll, stehen alle unter Konsenszwang. Stille im Land gilt als Zustimmung. Mit diesem System ist Merkel aufgewachsen.
Elemente davon finden sich in ihrem Politikstil wieder. Offener Streit ist ihr verhasst, sie stößt keine Diskurse an, sie fühlt sich dann wohl, wenn Stille herrscht. Sie regiert am liebsten mit einer Großen Koalition, da sie hier einen breiten Konsens in kleinen Runden herstellen kann.
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