Wer hat Angst vorm BND by Gerhard Schindler

Wer hat Angst vorm BND by Gerhard Schindler

Autor:Gerhard Schindler [Schindler, Gerhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fach-/Sachbuch
ISBN: 9783843724395
Herausgeber: Ullstein eBooks
veröffentlicht: 2020-10-11T22:00:00+00:00


Bewertung

Wer sich mit der deutschen Sicherheitsarchitektur befasst, muss schon bei der Bestandsaufnahme einen langen Atem haben. Und die hier dargestellte Übersicht ist bei Weitem noch nicht vollständig. Es fehlt der gesamte Justizbereich, der für die Einleitung und Durchführung der Strafverfahren zuständig ist. Es fehlen auch die auf der Ebene der Bundesländer entstandenen Zentren und neuen Behörden, etwa das bayerische Pendant zum Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik. Und es fehlt die Bundeswehr, von der hier nur der Militärische Abschirmdienst dargestellt wurde.

Man braucht sich erst gar nicht bemühen zu versuchen, die deutsche Sicherheitsarchitektur zu visualisieren, denn übersichtlicher wird es dadurch nicht. Und weil ich an der Gestaltung der »Mutter aller deutschen Zentren«, des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums GTAZ, seinerzeit maßgeblich beteiligt war, erlaube ich mir heute die Wertung, dass mit den Zentren an den Symptomen herumgedoktert wird, aber nicht an den Ursachen. Niemand käme auf die Idee, Zentren als Kooperationsplattformen einzurichten, wenn die vorhandene Sicherheitsarchitektur als zufriedenstellend beurteilt werden würde. Die Zentren sind daher weniger positive Weiterentwicklungen unserer Sicherheitsarchitektur als vielmehr ein Indikator für vorhandene Spannungen und Defizite im System.

Die Aufgabe der Zentren ist erschreckend banal. Man bringt mehrere Vertreter von Behörden örtlich zusammen, setzt sie in einen Raum und macht ihnen die Vorgabe, in Zukunft besser zusammenzuarbeiten als in der Vergangenheit. An den wichtigen Stellschrauben, nämlich am gesetzlichen Auftrag der Behörden, an ihrer Zuständigkeit und an ihren Befugnissen wird nicht nur nichts geändert, sondern dieser Umstand wird sogar positiv herausgestellt – als Beruhigungspille für die allfälligen Kritiker.

Dabei ist es gar nicht einleuchtend, dass sich die Zusammenarbeit der Behörden, insbesondere der Informationsaustausch, durch eine lokale Zusammenführung von Verbindungsbeamten verbessert, als wenn etwa der Informationsaustausch vom jeweiligen Sitz der Behörde aus gesteuert wird. Die Verbindungsbeamten verkörpern nicht das gesamte Wissen ihrer Heimatbehörde. Sie sind also darauf angewiesen, proaktiv oder reaktiv von ihrer Behörde die Informationen zu erhalten, die sie zum Beispiel in die nächste Lagebesprechung einbringen sollen – proaktiv, wenn die Behörde selbst einen Sachverhalt auf die Tagesordnung setzen will; reaktiv, wenn die Behörde zu einem Fall auf der Tagesordnung ergänzende Informationen beisteuern will. Da der Verbindungsbeamte den Fall in aller Regel selbst nicht kennt, wird er selbst kaum Auskunft zu Nachfragen oder Bewertungen geben können. Hierzu muss er sich erst wieder bei seiner Heimatbehörde schlaumachen. Dieses System kann nur bei geringem Fallaufkommen einen Mehrwert bringen, wenn man also Zeit hat, sich umfassend vorzubereiten, wenn man noch aus der Sitzung heraus in der Heimatbehörde anrufen und nachfragen kann, um den gerade diskutierten Sachverhalt zu ergänzen. Dieses System ist dann anfällig, wenn die Fälle zu zahlreich werden, wenn also in der für den heutigen Tag angesetzten Sitzung die Fälle 16 bis 48 behandelt werden und auf der Tagesordnung der nächsten Woche die Fälle 49 bis 84 stehen.

Hinzu kommt, dass der Informationsfluss über die Zentren nicht die routinemäßige Regel sein kann und darf. Da durch die Errichtung des Zentrums ganz bewusst nichts geändert wird, werden auch die Regeln zur Informationsweitergabe nicht geändert. Das ist gut so, denn es darf nicht sein, dass ein Bundesland, dessen



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