Wegbereiter der Shoah by Cüppers Martin

Wegbereiter der Shoah by Cüppers Martin

Autor:Cüppers, Martin
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbücher/Geschichte/20. Jahrhundert (bis 1945)
Herausgeber: Primus Verlag


3. Formen des „Bandenkampfes“. Die Großunternehmen der Jahre 1942/43

Himmler hatte in seinem Bemühen, die SS als Initiativkraft bei der Bekämpfung der erstarkten Partisanengruppen wieder in den Vordergrund zu rücken, am 7. August 1942 die „Befriedung“ des Generalkommissariats Weißruthenien befohlen. Das Unternehmen stellte mit dem gleichzeitig im Regierungsbezirk Bialystok stattfindenden Unternehmen „Wisent“ den ersten Großeinsatz der SS zur Bekämpfung der Partisanen in den Zivilverwaltungsgebieten dar.88 Für den nun im weißrussischen Zivilverwaltungsgebiet unter dem Codenamen „Sumpffieber“ geplanten Großeinsatz übertrug Himmler die konkrete Umsetzung vor Ort dem Höheren SS- und Polizeiführer „Ostland“, Friedrich Jeckeln, der dafür mit seinem Einsatzstab extra Quartier in Minsk bezog. Der Kommandostab, der wie von Himmler Ende Juli angekündigt, die maßgebliche Institution bei der Koordination des Kampfes gegen die Partisanenbewegung sein sollte, bekam nominell den Oberbefehl über das gesamte Unternehmen übertragen.89 Neben der zur Aufklärung und Erkundung verwendeten Sicherheitspolizei sollten Waffen-SS und Ordnungspolizei das Gros der eingesetzten Truppen stellen. Himmler hatte dazu SS-Oberführer Schimana, dem SS- und Polizeiführer Weißruthenien, die Führung der Einheiten der Ordnungspolizei übertragen. Bezüglich der Waffen-SS betraute er den Kommandeur der 1. SS-Infanteriebrigade, Brigadeführer von Treuenfeld, mit der entsprechenden Aufgabe.90 Neben der Brigade waren für den Großeinsatz noch die Polizeiregimenter Binz und Barkhold, sechs litauische beziehungsweise lettische Schutzmannschaftsbataillone und sieben motorisierte Gendarmeriezüge in einer Gesamtstärke von 3570 Mann zusammengezogen worden.91

Die Brigade der Waffen-SS war überhaupt erst fünf Tage zuvor von ihrem neun Monate währenden Fronteinsatz abgezogen worden, um auf ausdrücklichen Befehl Hitlers zur Bekämpfung von Partisanen in Weißrußland eingesetzt zu werden.92 Der SS-Verband schien sich jedoch in einem wenig vorteilhaften Allgemeinzustand zu befinden. Bach-Zelewski urteilte über die Truppe, deren Kampfwert sei „sehr schwach“ und der Ersatz aus volksdeutschen Ungarn „nicht vollgültig“.93 Nach seinem Eintreffen in Borissow wurde der Verband am 24. August für die Teilnahme beim Unternehmen „Sumpffieber“ herangezogen. Schon der Auftakt des Einsatzes verlief unbefriedigend. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Minsk klagte Jeckeln, mehrere für „Sumpffieber“ vorgesehene Truppenteile ständen gar nicht zur Verfügung. Drei der zugesagten Polizeiregimenter stünden entweder noch im Fronteinsatz oder seien vom Kommandostab bereits für eine anderweitige Verwendung abgegeben worden.94

Der eigentliche Grund für den ausbleibenden Erfolg lag jedoch in Himmlers völlig unrealistischer Anweisung zur „Befriedung“ des gesamten Generalkommissariats Weißruthenien im Rahmen eines einzigen Großeinsatzes. Sein klar erkennbares Ansinnen, das Vorgehen der Wehrmacht in den Schatten zu stellen und gleichzeitig das Partisanenproblem mit einem Schlag zu beseitigen, erwies sich als ein mit der Wirklichkeit nicht in Ansätzen kompatibles Wunschdenken. Zum Scheitern trug außerdem die ungeschickte Verteilung der eingesetzten Verbände durch Jeckeln bei. Der Höhere SS- und Polizeiführer teilte das Unternehmen, das in der Zeit vom 22. August bis zum 21. September 1942 stattfand, in nicht weniger als neun Einzeloperationen auf, die in ganz unterschiedlichen Regionen des Generalkommissariats in Gang gesetzt wurden. Damit splitterte er seine Einsatzkräfte auf, was wiederum den Partisanen die Möglichkeit gab, sich erfolgreich in Sicherheit zu bringen.95 Letztlich erwies sich auch der Kommandostab, die Jeckeln immerhin übergeordnete Befehlsinstanz, als unfähig, die verfehlte Strategie früh genug zu erkennen und zu korrigieren. Der Stab griff nicht einmal in den Ablauf vor Ort ein und trat während des gesamten Unternehmens auch sonst nie in Erscheinung.



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