Von Schwalben und Mauerseglern by Marlies Folkens

Von Schwalben und Mauerseglern by Marlies Folkens

Autor:Marlies Folkens [Folkens, Marlies]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2018-08-28T16:00:00+00:00


21

An einem Samstag Anfang Dezember sollte in der Gastwirtschaft von Etzhorn ein Tanztee stattfinden, zu dem Sigi wie verspochen auch Elli und Georg mitnehmen wollte. Er bat Willa um Erlaubnis und erklärte, das sei doch mal eine schöne Abwechslung für die beiden, sie kämen ja nie aus dem Haus. Er werde sie am frühen Nachmittag abholen und am Abend wieder nach Hause bringen.

Willa, die sich gerade über die Kiste mit Lebensmitteln beugte, die Sigi mitgebracht hatte, richtete sich auf und runzelte die Stirn. »Ein Tanztee? Mit Elli? Also, ich weiß nicht recht, sie ist doch erst sechzehn.«

»Ist ganz harmlos! Die haben abends ein paar Musiker im Saal, und es kann getanzt werden. Der Gasthof ist bei meiner Oma mehr oder weniger schräg gegenüber. Außerdem sind Hannes, Georg und ich ja auch die ganze Zeit dabei. Wir werden gut aufpassen.«

Zu Ellis grenzenloser Überraschung nickte Willa. »Also gut. Wenn ihr gegen zehn wieder hier seid, meinetwegen. Aber ihr müsst noch den Bauern fragen, ob er einverstanden ist.«

Weil auch ihr Vater nichts einzuwenden hatte, saß Elli am nächsten Samstagnachmittag, angetan mit ihrem besten Rock und der guten weißen Bluse, neben Georg im Fond des Opel Olympia, den Sigi auf Nebenstraßen in Richtung Oldenburg chauffierte. Dabei versuchte er, Hannes aufzuheitern, der mit verschlossenem Gesicht auf dem Beifahrersitz saß und seine Fragen einsilbig beantwortete.

Pünktlich zum Teetrinken um drei Uhr kamen sie in Etzhorn an. Sigi lenkte die dunkle Limousine in eine Nebenstraße und bog in die Einfahrt zu einem hübschen kleinen Backsteinhaus ein. Vor dem verschlossenen Garagentor stellte er den Wagen ab.

Kaum waren sie alle aus dem Auto gestiegen, öffnete sich die Haustür und eine zierliche ältere Frau erschien auf der Treppe zum Eingang. Ihre Augen blitzten, als sie den jungen Leuten zulächelte. Die Ähnlichkeit mit ihrem Enkel war verblüffend.

»Kommt bloß schnell rein!«, rief Sigis Oma freundlich. »Der Wind ist ja eisig.«

Im Haus nahm sie ihnen die Jacken ab und hängte sie an die Garderobe im langen, dämmrigen Flur. »Jetzt aber schnell rein in die gute Stube«, sagte sie und öffnete eine der Türen, aus der ihnen ein Schwall warmer Luft entgegenkam. »Ich muss nur noch eben den Tee aus der Küche holen.«

»Soll ich Ihnen helfen?«, fragte Elli und sprang von dem Stuhl auf, auf dem sie gerade Platz genommen hatte.

Aber Sigis Großmutter winkte ab. »Nein, Mädchen, bleib nur sitzen! Ist alles schon fertig.«

Ein paar Minuten später dampfte der Tee in den Tassen, und der Teller mit Blechkuchen und Schmalzgebäck ging von Hand zu Hand.

»Hmm! Lecker! Ich hab ewig keinen Schmalzkuchen mehr gegessen.« Sigis Oma lächelte, als sie von einem der kleinen gezuckerten Gebäckstücke abbiss, die Elli in einer Dose mitgebracht hatte. Willa hatte darauf bestanden, dass sie ein Gastgeschenk mitnahmen, auch wenn Sigi meinte, das sei nun wirklich nicht nötig.

»Die mochte Opa so gern, weißt du noch, Sigi?«, sagte die alte Dame. »Die gab es bei uns früher immer zu Weihnachten. Seit Opa nicht mehr da ist, hab ich keine mehr gemacht. Nur für Sigi und mich lohnte sich der Aufwand nicht, und dann musste der Junge ja an die Front, und ich war ganz allein in dem großen Haus.



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