Voll verregelt! by Uwe Wilhelm

Autor:Uwe Wilhelm [Wilhelm, Uwe]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-08-12T16:00:00+00:00

Wieso Sahra Wagenknecht eine Agentin der Amis ist

Endlich! Endlich habe ich einen Gegenstand gefunden, in dem ich die lange und sehnsüchtig gesuchte Heimat finden kann und auch werde.

Ich weiß, ich habe das bisher bei jedem Thema gedacht, aber diesmal werde ich erfolgreich sein, weil es sich um ein Thema handelt, das mich seit meiner frühen Jugend beschäftigt.

Wie ich bereits geschildert habe, war ich als Jugendlicher Kandidat zur Aufnahme in den Spartakusbund (mit »k«!). Die Unterscheidung ist deswegen wichtig, weil es zur selben Zeit einen Spartacus Bund (mit »c«) gab, der aus der DKP entsprungen und somit stalinistisch geprägt war. Wir dagegen wussten uns auf Leo Trotzki zu berufen, der wiederum von Stalin ermordet worden war, weil er … Ich werde Sie jetzt nicht mit den Einzelheiten dieses Streits langweilen, aber Sie können sich vorstellen, dass wir die meiste Zeit unserer politischen Arbeit damit verbracht haben, dem Spartacus Bund (mit »c«) nachzuweisen, dass er auf dem Holzweg war und nicht im Geringsten verstanden hatte, wie zuerst die Revolution, dann die Diktatur des Proletariats und dann der Kommunismus herbeizuführen waren. Wir vom Spartakusbund (mit »k«!) wussten es natürlich. Aber wir verrieten es nicht, weil wir uns von Spionen umzingelt sahen, die uns die Position als Speerspitze der neuen Weltregierung streitig machen wollten.

Wer eine unterhaltsame Dokumentation solcher Konflikte sehen will, sollte sich Das Leben des Brian von Monty Python anschauen. Und dort insbesondere auf den Konflikt zwischen der Judäischen Volksfront und der Volksfront von Judäa achten.

Da ich mich also mit Menschen auskenne, deren ideologische Beweglichkeit gleich nach der eines Betonpfeilers kommt, ich zudem Sektierer und Besserwisser nicht fürchte, besuche ich eine Gruppe innerhalb des großen linken Jahrmarktes, die sich zwar zahlenmäßig im subatomaren Bereich (sieben Mitglieder) bewegt, aber dafür umso entschlossener eine klare und kompromisslose sozialistische Politik verfolgt und fordert.

Ich habe die »Kommunistische Front« dort gefunden, wo man fast alles finden kann: im Internet, genauer gesagt bei Facebook. Sie hat sechsundfünfzig Freunde, und der letzte Eintrag stammt vom 15. Juni 2013 (gelber Hammer, gelbe Sichel auf rotem Grund).

Der erste Eintrag wurde am 12. Juni 2013 gepostet. Außer den beiden Einträgen gibt es keine anderen. Das ist auch richtig so, weil es ein unverzeihlicher Fehler wäre, dem amerikanischen Schnüffelnetzwerk weitere Informationen zu liefern. Damit würde der gesamte Plan (den ich hier natürlich nicht verraten kann) zur Herbeiführung der Weltrevolution publik werden und automatisch scheitern. Weltrevolutionen scheitern nämlich immer, wenn die Pläne dazu vorher bekannt werden, weil dann jeder mitreden will und zu viele Menschen Angst haben, dass sie liquidiert werden.

Ich treffe mich mit zwei Vertretern der Kommunistischen Front in einem teuren Lokal in Mitte (die beiden wohnen zur Tarnung in einer imposanten Eigentumswohnung am Potsdamer Platz). Bevor wir uns noch vorstellen, klären wir ab, dass ich die Rechnung übernehme. Es ist gewissermaßen das Initiationsritual und wird immer in diesem Lokal zelebriert, wie ich nun erfahre, weil Kommunist zu sein nicht bedeutet, ein Leben in Entbehrung und Verzicht zu führen.

Ich bin einverstanden, auch wenn ich nicht erwartet habe, dass das Gegenteil von Selbstkasteiung auf eine Rechnung von mehr als hundertfünfzig Euro hinausläuft.

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