Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes by David Hume
Autor:David Hume
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T16:00:00+00:00
Fußnoten
A5 Das Ueberwiegen der Lehre von der Freiheit lässt sich aus einem andern Grunde erklären; nämlich aus einer falschen Empfindung oder anscheinenden Wahrnehmung von einer Freiheit oder Willkür bei vielen unserer Handlungen. Die Nothwendigkeit eines Geschehens, sei es in der Natur oder in der Seele, ist eigentlich keine Bestimmung in dem wirkenden, sondern in dem denkenden oder verständigen Wesen, was das Geschehen betrachtet; sie besteht wesentlich in der Nöthigung des Denkens bei dem Schluss von vorhergehenden Dingen auf den Eintritt dieses Geschehens. Deshalb ist die Freiheit, als Gegensatz der Nothwendigkeit, nur das Fühlen, dass diese Nöthigung hier fehlt, und eine gewisse Ungebundenheit und Unbestimmtheit, die man bei dem Uebergehen oder Nicht-Uebergehen von der Vorstellung eines Dinges zu der eines folgenden empfindet. Obgleich man bei der Betrachtung des menschlichen Handelns selten eine solche Ungebundenheit und Unbestimmtheit empfindet, sondern meist mit ziemlicher Gewissheit aus den Beweggründen und Neigungen des Handelnden auf sie schliessen kann, so trifft es sich doch oft, dass man bei dem eignen Handeln etwas dem Aehnliches empfindet. Da nun das Aehnliche leicht verwechselt wird, so hat man diesen Umstand für einen vollen, ja anschaulichen (intuitiven) Beweis der menschlichen Freiheit genommen. Wir fühlen, dass unsere Handlungen in der Regel von unserm Wollen abhängen, und meinen zu fühlen, dass der Wille selbst von nichts abhängt; denn wenn dieses bestritten wird, macht man den Versuch und bemerkt, dass er sich leicht nach jeder Richtung hin wendet und ein Bild von sich (oder eine Velleität, wie die Schule sagt) selbst nach der Seite hin, wo er nicht bleibt, erzeugt. Nun meint man, dass dieses Bild oder diese vermeintliche Bewegung zu dieser Zeit in der Sache seihst hätte vollführt werden können; weil man, wenn es bestritten wird, bei einer zweiten Probe findet, dass man es jetzt kann. Man bedenkt nicht, dass hier der phantastische Wunsch, die Freiheit darzulegen, der Beweggrund des Handelns ist. Wenn wir auch uns einbilden, in einem solchen Falle die Freiheit in uns zu fühlen, so kann doch sicherlich ein Zuschauer dies Handeln aus unserm Charakter und Beweggründe folgern, und ist dieses nicht, so weiss er doch, dass er es vermochte, wenn er vollständig mit den Umständen und unserem Temperament und mit den geheimen Triebfedern unserer Natur und Stimmung bekannt wäre. Dies ist aber die wahre Bedeutung der Nothwendigkeit nach der oben gegebenen Lehre.
A6 Wird z.B. die Ursache als das definirt, was etwas hervorbringt, so ist das: Hervorbringen hier synonym mit: verursachen. Dasselbe gilt, wenn die Ursache als das definirt wird, wodurch etwas existirt. Denn was bedeutet das Wort: wodurch? Hätte man gesagt, die Ursache ist das, nach dem ein Anderes immer existirt, so hätte man diese Worte verstanden. Denn dies allein wissen wir in der That davon. Diese Beständigkeit ist das wahre Wesen der Notwendigkeit, und man hat keinen andern Begriff davon.
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