Und dennoch ist es Liebe by Jodi Picoult

Und dennoch ist es Liebe by Jodi Picoult

Autor:Jodi Picoult
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: Lübbe Digital
veröffentlicht: 0100-12-31T23:00:00+00:00


*

»Nicholas?« Ich öffnete den Kragen meiner Bluse und strich über die weiche Seide von Astrids Schal. Es war glühend heiß in der Telefonzelle.

»Mein Gott, Paige. Bist du verletzt? Ich habe im Supermarkt angerufen – in sechs davon, um genau zu sein. Ich wusste nicht, wo du hingefahren warst, und dann habe ich die Tankstellen in der Nähe abgeklappert. Hattest du einen Unfall?«

»Nicht wirklich«, antwortete ich und hörte, wie Nicholas zischend die Luft einsog. »Wie geht es dem Baby?«, fragte ich und spürte, wie mir die Tränen im Hals brannten. Es war seltsam: Fast drei Monate lang hatte ich mir ständig gewünscht, von Max wegzukommen, und jetzt dachte ich nur noch an ihn. Ich hatte ihn stets im Hinterkopf. Sein Bild verschleierte meinen Blick, und seine kleinen Händchen griffen nach mir. Ich vermisste ihn tatsächlich.

»Dem Baby geht es gut. Wo bist du? Und wann kommst du nach Hause?«

Ich atmete tief durch. »Ich bin in Lancaster, Pennsylvania.«

»Du bist wo?« Im Hintergrund begann Max zu schreien. Und ich hörte, wie die Schreie immer lauter wurden, als Nicholas das Kind auf die Arme nahm.

»Ich war auf dem Weg zu Stop & Shop, und irgendwie bin ich dann einfach weitergefahren. Ich brauche einfach nur ein wenig Zeit …«

»Weißt du was, Paige? Zeit braucht auch der Rest der freien Welt und bekommt ihn nicht. Aber wir laufen nicht einfach weg!« Nicholas brüllte, und ich musste den Hörer vom Ohr weghalten. »Nur damit ich das richtig verstehe …«, sagte er. »Du bist absichtlich weggelaufen?«

»Ich bin nicht weggelaufen«, erklärte ich hartnäckig. »Ich komme wieder zurück.«

»Und wann?«, verlangte Nicholas zu wissen. »Ich habe ein Leben, weißt du? Und ich habe einen Job.«

Ich schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen das Glas der Telefonzelle. »Ich habe auch ein Leben.«

Nicholas erwiderte nichts darauf, und einen Augenblick lang glaubte ich, er habe aufgelegt; doch dann hörte ich Max im Hintergrund plappern. »Dein Leben«, sagte Nicholas, »ist hier. Nicht in Lancaster, Pennsylvania.«

Was ich ihm sagen wollte, war: Ich bin noch nicht dazu bereit, Mutter zu sein. Ich kann noch nicht einmal deine Frau sein … nicht bevor ich nicht die Lücken in meinem eigenen Leben gefüllt habe. Aber ich werde wieder nach Hause kommen, und dann werden wir da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Ich werde dich nicht vergessen. Ich liebe dich. Doch was ich schließlich zu Nicholas sagte, war: »Ich bin bald wieder zurück.«

Nicholas’ Stimme klang leise und heiser. »Bemüh dich nicht«, sagte er und knallte den Hörer auf.



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