Ueber Eigennutz und Undank by Knigge Adolph Freiherr von

Ueber Eigennutz und Undank by Knigge Adolph Freiherr von

Autor:Knigge, Adolph Freiherr von
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-02T16:00:00+00:00


Freund! die Tugend ist kein leerer Name;

Aus dem Herzen keimt des Edlen Saame

Und ein Gott ist, der der Berge Spitzen

Röthet mit Blitzen.«

Obgleich ich in andern Fällen wohl eine kleine Einwendung dagegen zu machen wagen würde, daß man einen Dichter als Gewährsmann für philosophische Sätze anführte; so kann doch dies bey dem philosophischen Dichter Haller keineswegs der Fall seyn. Allein was enthält denn nun diese Strophe, das gegen meine Grundsätze zeugen könnte? Ein leerer Name ist gewiß Dem die Tugend nicht, der sie für das höchste Resultat der Vernunft, für das einzige sichre Mittel zu Beförderung seiner wahren Glückseligkeit hält. In dem Herzen liegt der Keim des Wohlwollens, das uns zu der Erfüllung geselliger Pflichten, zum Guten treibt; und wenn dieser Trieb von der Vernunft geordnet und gelenkt wird; so ist alles, wie es seyn soll. Ja! dieser Keim zum Guten liegt eben so gewiß im Herzen, als diesem Herzen die Ahnung von dem Daseyn Gottes, der der Berge Spitzen röthet, eingeprägt ist. Beyde Gefühle aber, die moralischen und die religiösen, bedürfen der Leitung der Vernunft, um uns auf den rechten Weg der Glückseligkeit zu führen.

»Auch mein Gewissen sträubt sich dagegen, weil der Unterschied der That mir gar zu sehr einleuchtet, wenn ich weiß, daß ich darum sie gethan habe, weil es recht ist, und wenn ich nur meinen Vortheil dabey suchte.«

Freylich, wenn dabey auf den letzten Zweck, auf die Harmonie und Wohlfahrt des Ganzen, keine Rücksicht genommen wird.

»Nichts ist mir mehr zuwider und entehrt mich in den Augen Andrer mehr, als wenn Andre mich bloß als Werkzeug zur Erreichung ihrer Absichten gebrauchen, sich aber nicht darum bekümmern, was ich dabey empfinde oder leide. Eben so sehr schäme ich mich auch, wenn ich irgend Jemand bloß als Mittel und nicht zugleich als Zweck behandelt habe.«

Richtig! ich meine auch nichts gesagt zu haben, das einen solchen Egoismus begünstigen könnte. Wenn wir bey Beförderung fremder Glückseligkeit auf unsre eigene Rücksicht nehmen; so geschieht das, indem diese einen Theil der allgemeinen Glückseligkeit ausmacht, die der Final-Zweck seyn muß. Denn wenn es sich denken ließe, daß Jeder sich selbst unglücklich machte, indem er die Wohlfahrt des Ganzen zu befördern suchte; so würden sie ja Alle, die das Ganze ausmachen, unglücklich seyn, und folglich das Gegentheil von dem bewürken, was Jeder zu erreichen trachtete. Wir sind sämmtlich Theile des Ganzen; die Summe des individuellen Wohlseyns aller dieser Theile macht die Glückseligkeit des Ganzen aus. Soll nun jedes Individuum gar nicht für sein Wohl, sondern nur für Andre sorgen; so heißt das mit andern Worten, daß wir gar keine Pflichten gegen uns selbst zu beobachten haben. Also hätte der Schöpfer jedes Wesen nur dazu geschaffen, um für andre Wesen zu sorgen? Mit dem lebhaftesten Gefühle unsrer Identität und Personalität begabt, dürften wir uns doch nur als Werkzeug für Andre ansehn? Das scheint doch wohl um so mehr gegen die Ordnung der Natur zu streiten, da derselbe Zweck, die Bewürkung der Vollkommenheit des Ganzen, eben so vollständig erreicht werden kann, wenn der, jeder lebendigen Creatur eingepflanzte Trieb zur Selbsterhaltung, auf die gehörige Art zur gemeinschaftlichen Harmonie angewendet wird.



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