Tödliche See by Sabine Weiß

Tödliche See by Sabine Weiß

Autor:Sabine Weiß [Weiss, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2020-11-11T00:00:00+00:00


14

Westerland, 13.53 Uhr

Im Wohnklotz am Rande Westerlands, in dem Jasper Jensen gemeldet war, standen sie vor verschlossenen Türen. Ein Nachbar gab ihnen jedoch den Tipp, es beim Sylt-Aquarium zu versuchen – einem der Orte, an denen Jensen häufig Zeit verbrachte. Nach einer kurzen Fahrt hatten sie den Parkplatz erreicht. Die Skulpturen zweier Riesenschildkröten flankierten den Weg. Kinder versuchten, auf ihren Rücken zu klettern. Die Idee hatten vor ihnen schon einige andere Altersgenossen gehabt, wie die niedergetrampelte Erde um die Schildkröten herum bewies. Vor dem Gebäude aus Glas- und Holzfronten, das nur durch einen Deich vom Strand getrennt war, stand ein Grüppchen und verteilte Handzettel. Liv wollte erst einen Bogen um sie schlagen, erkannte dann aber ein Windrad auf dem Papier.

»Helfen Sie, Sylt zu schützen!«, sagte die junge Frau mit Rastazöpfen, die ein Kleinkind auf der Hüfte trug. Auf dem Zettel, den sie Liv in die Hand drückte, war ein Verbotsschild über einem Windpark zu sehen. Daneben waren ein Zugvogel und ein Schweinswal abgedruckt, beide blutend. »No-Wind« stand dick darüber. »Der Windpark vor Sylt soll demnächst ausgebaut werden. Viele Meereslebewesen sind durch die geplante Wasserkraft unmittelbar bedroht.«

Der Verein war ja erstaunlich gut informiert. »Es gibt Ausbaupläne?«, fragte Liv unschuldig.

»Ja, für ein Wasserkraftwerk. Die Strömungsturbinen töten die Schweinswale und andere Tiere. Als ob die Vernichtung der Natur durch die Windparks nicht beschissen genug wäre! Viertausendfünfhundert Windräder stehen in der Nordsee! Dabei ist die Windenergie schon jetzt eine Luftnummer! Was glauben Sie, wie viel Natur dadurch zerstört wird. Die Umwelt gehört uns allen. Wir müssen einen Feldzug gegen die Windkraft starten!«

»Von den Ausbauplänen habe ich noch gar nichts gehört«, behauptete Hennes.

»Es gibt sie aber, glauben Sie mir. Wenn Sie mehr darüber wissen und sich engagieren wollen, dann kommen Sie morgen zu unserem Info-Treffen. Jeder Helfer wird gebraucht, um Sylt zu retten!«

Das Rastamädchen klang dramatisch, und Liv wusste, dass es ihr Ernst war. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie selbst als Jugendliche auf die Straße gegangen war, um gegen Neubaupläne zu protestieren – auch gegen die Bauvorhaben ihres Vaters.

»Ich komme auf jeden Fall vorbei«, versprach sie.

Als sie ins Sylt-Aquarium gingen, schickte Liv ein Foto von dem Handzettel an Momke und rief ihn an, um ihm von dem Gespräch zu erzählen. Sie bekam aber nur Wanda an den Apparat. Hennes fragte in der Zwischenzeit an der Kasse nach Jasper Jensen.

»Einen Feldzug starten? Und was ist die Vorstufe – tote Möwen und Drohbriefe?«, fragte Wanda empört.

»Gegen den Missbrauch der Natur zu protestieren, ist ja nicht verkehrt. Was ich nur sagen wollte, ist, dass der Verein möglicherweise einen Informanten in der Belegschaft von Hanzmann Energy hat. Vielleicht bekommt ihr ja eine Mitgliederliste, die ihr abgleichen könnt.«

»Wir? Ich habe mit der Organisation und den Nachforschungen nach unserer Dreiecksgeschichte schon genug zu tun. Ich werde es Momke ausrichten.« Wanda legte auf. Liv schüttelte irritiert den Kopf. Sie hatte noch fragen wollen, ob es was Neues gab. Aber letztlich würde sie das bei der Besprechung ohnehin erfahren.

Der Kassierer kannte Jasper Jensen und ließ ihn ausrufen. In Turnschuhen, Jeans und verwaschenem T-Shirt kam Jensen herangeschlurft.



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