Speyer als Hauptstadt des Reiches by Anette Baumann Joachim Kemper

Speyer als Hauptstadt des Reiches by Anette Baumann Joachim Kemper

Autor:Anette Baumann, Joachim Kemper
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2016-03-15T00:00:00+00:00


5Wieviel darf eine Strafvollstreckung kosten?

Bis Kardinal Bischof Damian Hugo von Schönborn im Jahre 1720 die – eingangs zitierte – aus seiner Sicht überhöhte Rechnung des Bruchsaler Scharfrichters Melchior Karpff in Händen hielt, scheint es keinen der Speyerer Oberhirten interessiert zu haben, dass das Bistum für sämtliche Hinrichtungen und sonstigen peinlichen Strafvollstreckungen der Reichsstadt aufkommen musste und nur der Schultheiß eine vergleichsweise geringfügige Gebühr kassierte.

Immerhin hat sich in den Unterlagen der Bruchsaler Rentkämmerei eine vielleicht aus dem späten 17. Jahrhundert stammende Kostenrechnung erhalten, in welcher die Ausgaben des Speyerer Schultheißen so fur einenn nachrichter geben muß, zu vollstreckung der vrthel exakt aufgelistet sind. Danach gebührten drei Batzen einem botten, den nachrichter zu holen zu Bruchsall und ihnen her gen Speyer zu geleiten. Zwei Albi waren für Wein und Brot als Wegzehrung für den Scharfrichter zu zahlen. Zwei weitere Albi standen ihm für Strick und Handschuhe zu, zehn Batzen für zwey Mall. Hauptposten war die eigentliche Hinrichtung, hierfür bekam der Scharfrichter: 1 gulden zu lone oder besoldung, und so ein Persohne gefiertelt, mit dem radt oder brand gericht wirdt, so gibt man dem nachrichter dopelln lone oder besoldung. Auch für den Rückweg musste natürlich bezahlt werden, dem Scharfrichter zwei Albi für Brot und Wein für den abzug, sowie drei Batzen für den Boten, der ihn heimgeleitete.728 Dies alles war von der bischöflichen Kasse zu begleichen. Von der Stadt Speyer hingegen bekomme Er mehrer nicht als ein Maas wein und für 2. Xr. [=Kreuzer] brodt,729 gab der Bruchsaler Scharfrichter Jacob Bürckert einmal zu Protokoll.

Schönborn wollte sich mit derart hohen Kosten nicht abfinden. Zur Klärung, ob die von Melchior Karpff für die Hinrichtung im August 1720 geltend gemachten (noch deutlich erheblicheren) zwölf Gulden angemessen seien, ließ er Anfragen an benachbarte Territorien senden, um zu erfahren, welche Tarife dort bezahlt würden. Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch lägen, werde er entscheiden, waß billig und recht ist.730

Tatsächlich bemühte sich Karpff noch Jahre später vergeblich um die Bezahlung der seit 1720 von ihm durchgeführten Strafvollstreckungen.731 1727 wurde er stattdessen seines Dienstes enthoben und musste das Land verlassen, weil er beim abergläubisch[en] Christophelsgebett ertappt worden war, also einer Beschwörung des Heiligen Christophorus zum Zwecke des Herbeizauberns verborgener Schätze.732 Wegen dieses crimen sortilegii (Verbrechen des Schadenzaubers) gebe es auch keinen Anlass mehr, ihn zu entlohnen.733 Noch rund zwei Jahrzehnte kämpften Karpff und seine Frau um eine Entschädigung für nicht bezahlte Dienste und den Verlust der im Erbbestand erworbenen Scharfrichterei. Vergeblich. Am grundsätzlichen Verfahren der Bestellung und Bezahlung der in der Stadt Speyer tätigen Scharfrichter durch das Hochstift änderte sich indes bis zum Ende der Reichsstadtzeit nichts.



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