Sommerblau by Mia March

Sommerblau by Mia March

Autor:Mia March [March, Mia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644524316
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-05-06T00:00:00+00:00


[zur Inhaltsübersicht]

12

Gemma

G

emma erschrak, als es an ihrer Tür im Three Captains’ Inn klopfte. Sie schaute von ihrem Laptop auf, der auf dem kleinen Schreibtisch am sonnigen Fenster stand, und warf einen Blick auf die Uhr: Es war erst kurz nach neun am Morgen. Widerstrebend stand sie auf. Sie hatte seit dem Aufwachen vor zwei Stunden gearbeitet und war nicht einmal zum Frühstücken nach unten gegangen, weil sie ihren Schreibfluss nicht unterbrechen wollte. Die ersten Absätze ihres Artikels über das Heim der Guten Hoffnung, in denen es um seine Geschichte und einige Statistiken von früher und von heute ging, standen bereits. Jetzt musste sie nur noch den Hauptteil schreiben, in dem sie sich mehr auf die Menschen konzentrieren würde – die ehemaligen Bewohnerinnen, die jetzigen Bewohnerinnen. Wahre Geschichten.

Gemma reckte sich und streckte die Arme über den Kopf. Dann ging sie zur Tür und öffnete sie. Bea Crane stand davor und sah aus, als müsste sie gleich platzen.

«Ich hab’s getan», sagte Bea. «Ich habe meine leibliche Mutter angerufen. Wir treffen uns heute Abend.» Sie hielt die Hände waagerecht vor sich. «Schau mal, wie ich zittere.»

Gemma drückte Beas Hand. Sie sah so jung aus, wenn sie ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz band und kein Make-up trug. «Wie ist das Gespräch denn gelaufen? Oh du meine Güte – ich höre mich schon wie eine neugierige Reporterin an. Aber ich frage dich das als Freundin. Sag einfach vorher, wenn das, was du sagst, vertraulich ist, dann bleibt es ganz sicher unter uns.»

«Du kannst alles für deinen Artikel verwenden, wenn du willst», sagte Bea. «Außer Veronicas Namen natürlich. Aber wer weiß, vielleicht hat sie ja auch Lust, mit dir zu sprechen und ihre Sicht der Dinge zu schildern.»

«Das wäre toll», sagte Gemma.

Bea lächelte. «Ich kann ihr ja von dir erzählen. Sie muss ja auch wissen, dass ich mit einer Reporterin über sie gesprochen habe, auch wenn ihr Name nicht erwähnt wird.»

Gemma hoffte, dass Beas leibliche Mutter tatsächlich mit ihr sprechen würde. Die beiden unterschiedlichen Perspektiven, die der Mutter und die der Tochter, die sie zur Adoption freigegeben hatte und die jetzt Kontakt zu ihr suchte, das erste Treffen der beiden – das würde den Artikel richtig rund machen. Bea und ihre echte Mutter trafen sich an diesem Abend allerdings zum ersten Mal – Gemma glaubte nicht, dass sie mit ihr, wenn überhaupt, vor Ablauf einiger Tage würde sprechen können. Es hing alles davon ab, was für eine Person Veronica war, wie bereit sie war, ihre Geschichte zu erzählen.

«Wenn du jemanden zum Reden brauchst, eine Freundin, dann klopf einfach oder ruf an, okay? Auch wenn du nur ein bisschen Zuspruch für heute Abend brauchst.»

«Das weiß ich zu schätzen», erwiderte Bea. «Aber jetzt mach ich mich lieber wieder an die Arbeit. Die Kinder aus dem Fischadlerzimmer veranstalten einen kleinen Haferbreikrieg im Frühstückszimmer.» Sie lächelte und flitzte dann die Treppe hinunter.

Gemma schloss die Tür, aber die Gedanken an Beas und Veronicas Treffen ließen sie nicht los. Allein die Gefühle, die es auslösen würde! Beas Geschichte war wirklich herzzerreißend.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.