Sieben Familien 02 - Das Erbe der sieben Familien by Matteo Strukul

Autor:Matteo Strukul [Strukul, Matteo]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2023-02-21T23:00:00+00:00

55. Beratungen

Herzogtum Mailand, Castello di Vigevano

Ludovico liebte dieses Schloss. Seine Mutter Bianca Maria Visconti war hier aufgewachsen. Und in den schwierigsten Momenten, wenn alles sich zum Schlechten zu wenden schien, dann liebte er den Rückzug in diese kleine, quadratische Festung mit den vier stämmigen und beeindruckenden Türmen, die sie unbezwingbar machten. Dieser Bau hatte eine Strenge und Klarheit, die er als wohltuend empfand.

Manchmal zog er die kleinen Räume den großen Sälen des Castello Sforzesco vor, angesichts deren schierer Pracht er sich oft auch verloren fühlte. Und das war das Allerletzte, was er gebrauchen konnte. Denn nach allem, was die Botschafter berichteten, war einerseits der Tod Karls VIII., gelinde gesagt, günstig gewesen, doch andererseits hatte der Aufstieg von Ludwig XII. sofort jegliche Begeisterung im Keim erstickt. Frankreich hatte tatsächlich eine Reihe von Friedensverträgen unterzeichnet, zuletzt den mit Spanien, allein mit dem Ziel, sich auf eine neue Invasion konzentrieren zu können.

Um das zu bestätigen, war nun der Herr der Spione der Serenissima hier. Er war mit einem Mann im schwarzen Samttalar gekommen, höchstwahrscheinlich ein Aka­de­mi­ker. Aber bevor er mehr über ihn erfuhr, wollte Il Moro ­hören, welche Nachrichten der Gesandte des Dogen brachte.

»Mio Signore«, sagte Antonio Condulmer, »der französische König hat im Hass, den Gian Giacomo Trivulzio für Euch nährt, seinen besten Verbündeten gefunden. Er be­reitet sich also auf einen neuen Einfall vor. Nach allem, was mir meine Männer berichten, stellt er sogar eine neue Armee zusammen, um sich damit zurückzuholen, was ihm, seiner Ansicht nach, widerrechtlich genommen wurde.«

Ludovico nahm die Neuigkeiten auf die denkbar schlechteste Weise auf. Sicher, er wusste es ja selbst. Es war die anspielungsreiche Art, wie sich Condulmer ausdrückte, die ihn ärgerte. Aber da Mailand Venedig brauchte, biss er sich auf die Zunge. Nur aus diesem einzigen Grund behielt er die Ruhe. »Messer Condulmer«, sagte er und schaute seinen eigenen Berater Bartolomeo Calco an, der nickte, »es ist vollkommen offensichtlich, sollten sich Mailand und ­Venedig auch dieses Mal uneins zeigen, so darf keiner von uns hoffen.«

Der Herr der Spione hustete. »Ich denke, ich muss Euch nicht daran erinnern, wer zuerst zum Verräter geworden ist. Sicherlich nicht Venedig, das sich niemals mit Karl VIII. verbündet hat. Und wenn Ihr heute ein Bündnis mit der Serenissima verlangt, so lasst mich betonen, dass die Schlacht von Fornovo unter der Ägide Venedigs mit einem Sieg geendet ist. Daher sagt mir nicht, was wir tun dürfen oder nicht. Andererseits«, fuhr Condulmer fort, um jeglichem Widerspruch des Herzogs zuvorzukommen, »ist Mailands Anteil an dieser Schlacht wohlbekannt. Seht daher, dass ich heute nicht nur mit Euch übereinstimme, sondern sogar die Möglichkeit eines Bündnisses mitbringe. Sicherlich, alles wäre einfacher, wenn Ihr entgegen der vorherrschenden Gerüchte bereit wärt, zusammen mit uns die Rebellion Pisas gegen Florenz zu unterstützen.«

Il Moro schien von dieser Andeutung nicht sonderlich beeindruckt. »Sollte ich diesen Eindruck erweckt haben, so lasst mich nun klarstellen, dass es absolut nicht meine Absicht ist, Venedig aufzugeben. Andererseits ist es offensichtlich, dass Florenz langsam einen neuen Führer finden wird. Wartet nur, bis sie Savonarola auf dem Scheiterhaufen verbrennen, ich bezweifle, dass Pisa dann noch darauf hoffen kann, sich vom florentinischen Joch zu befreien.

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