Sex und Folter in der Kirche by Horst Herrmann

Sex und Folter in der Kirche by Horst Herrmann

Autor:Horst Herrmann [Herrmann, Horst]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2006-11-13T17:03:49+00:00


Schon an Rhein und Donau erschlugen wir in Gottes Namen Tau-

sende von Juden. Dann vergewaltigten und mordeten wir unter den christlichen Ungarn. Bei der Einnahme Jerusalems im Sommer

1099 massakrierten wir zigtausend Sarazenen. Wir töteten, wie ein Erzbischof schreibt, jeden Einwohner.169 Jerusalem war unser, das Blut »unseres Heilands« gerächt. Wir troffen von Blut und hängten an den Eingang der gesäuberten Wohnungen unser Wappen. Im

Tempel Jerusalems wüteten wir so sehr, daß wir »durch Gottes

gerechtes Urteil bis zu den Knien und sogar bis zu den Sätteln der Pferde in Blut wateten«170. Dann gingen wir hin, »glücklich und weinend vor Freude, um das Grab Unseres Erlösers zu verehren«.

Blut will zu Blut. Blut ist eine kostbare Zugabe zur Begierde, der Wein der Liebe für alle, die nicht genießen können, ohne Leiden zuzufügen oder selbst zu leiden.171 Auch das Blut »Jesu« wurde und wird an vielen Orten des Abendlandes, die zum Teil ihren Namen von ihm bezogen, in kostbaren Ampullen verehrt. Biblische Grundlage dieser Verehrung - und näherhin die Möglichkeit, überhaupt Herrenblut zu erhalten! — ist die Gethsemanelegende im Evangelium des Lukas (Lk 22,43f.): »Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Und es kam, daß er mit dem Tode rang. Er betete heftiger. Es ward aber sein Schweiß wie Blutstropfen, die fielen auf die Erde.« Die Jünger-Frömmigkeit nahm die Chance wahr, erfand mit der Zeit fromme Frauen, die jene Blutstropfen

aufgesammelt und geborgen hatten. Ähnliches soll mit dem am

Kreuz vergossenen Blut (Jo 19,34) geschehen sein. Und auf gotischen Darstellungen der Kreuzigung ist gelegentlich ein Lieblings-jünger Johannes zu sehen, der als Priester gekleidet ist und das Herzblut »Jesu« in einem goldenen Kelch auffängt; das weckte

Erinnerungen und Assoziationen bei den Gläubigen.172

182

Die Christenheit war im wahrsten Wortsinn blutgierig: Immer

wieder ist die Rede von Blutwundern, die sich bei der Verehrung von Ampullen und bei Messen (als Beweis für die Abendmahlslehre nach Mt 26,26 ff.) ereignet haben sollen. Zahlreiche Wallfahrtsorte (zum Beispiel Walldürn, Andechs, Bolsena) knüpfen an solche

Wunder an; niemand kannte eine naturwissenschaftliche Erklä-

rung.173 In dieselbe wunderbare Richtung weisen Bluthostien. Ihr Kult läßt eine ausgesprochen aggressive Tendenz erkennen; das ist die zweite Seite christlicher Blutfreude. Entweder waren zweifelnde Priester betroffen, oder Ungläubige (vor allem Juden174) sollten geweihte Hostien geraubt, mit Messern durchbohrt, geschändet

haben. Das kam sie teuer zu stehen. Wieder schien das Christentum sich nicht anders behaupten zu können als durch den Kampfeinsatz seiner Heilsmittel gegen andere. Blut verlangt nach gleichem. Wer sich dem Diktat der angeblichen Deuteworte »Jesu« über sein

Fleisch und Blut nicht beugte, mußte damit rechnen, daß er von den Jüngern blutig verfolgt wurde.

Kein Theologe konnte den Originalton »Jesu« entschärfen:

»Amen, Amen, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht beißt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch kaut (wörtlich!175) und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben, und ich werde ihn auf erwecken am jüngsten Tag«

(Jo 6,53 f.). Es war schon ein seltsamer Mann, der sich von anderen Menschen aufessen lassen wollte. Wollte Jesus aus Galiläa aber das wirklich? Nietzsches Wort von der kleinen Sekten-Wirtschaft der Jünger, von



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