Warum Gott Mensch geworden by Anselm von Canterbury

Warum Gott Mensch geworden by Anselm von Canterbury

Autor:Anselm von Canterbury [Canterbury, Anselm von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00


Kapitel XXV.

BOSO: Ei so ist es. Wie nun aber soll der Mensch gerettet werden, wenn er selbst seine Schuld nicht abträgt, ohne Schuldabtragung aber nicht gerettet werden darf? Oder mit welcher Stirne werden wir behaupten, daß der über menschliche Vorstellung an Barmherzigkeit reiche Gott eine solche Barmherzigkeit nicht bethätigen könnte?

ANSELM: Da mußt du jetzt diejenigen (welche Christus nicht für unentbehrlich halten zur Erlösung des Menschengeschlechts), deren Partei du vertrittst, auffordern zu sagen, wie der Mensch ohne Christus gerettet werden könne. Sind sie es nicht imstande, so mögen sie aufhören, uns zu verhöhnen; herbeikommen und uns sich anschließen, die wir nicht bezweifeln, daß der Mensch durch Christus könne gerettet werden; oder sie müssen verzweifeln, daß solches auf irgend eine andere Weise möglich sei. Schaudern sie aber davor zurück, so mögen sie mit uns an Christus glauben, auf daß sie gerettet werden können.

BOSO: Dich werde ich, wie bisher, ersuchen, mir zu zeigen, auf welche Weise der Mensch durch Christus gerettet wird.

ANSELM: Ist es nicht hinlänglich erwiesen, daß durch Christus der Mensch gerettet werden kann, wenn sogar die Ungläubigen einräumen, daß der[63] Mensch auf irgend eine Art gerettet werden könne, zugleich aber auch der Nachweis geliefert ist, daß bei der Annahme, Christus existiere nicht, das Heil des Menschen auf keine Art sich finden läßt? Entweder wird nämlich der Mensch durch Christus, oder auf irgend eine andere oder überhaupt auf gar keine Art gerettet werden können; ist es nun falsch, daß dies auf gar keine, oder auf irgend eine andere Weise stattfinden kann, so muß es notwendig durch Christus geschehen können.

BOSO: Wenn nun jemand, der einsieht, weshalb das auf irgend eine andere Art nicht geschehen kann, zugleich nicht einsieht, auf welche Art es durch Christus geschehen könnte; wenn ein solcher behaupten wollte, daß es weder durch Christus noch auf irgend eine andere Art geschehen könnte, was würden wir ihm entgegnen?

ANSELM: Was würde man demjenigen antworten, der etwas, was notwendig sein muß, deshalb für unmöglich erklärte, weil er nicht weiß, wie sich dasselbe näher verhält?

BOSO: Daß er ein Thor sei.

ANSELM: Seine Aufstellung wäre also verwerflich?

BOSO: Gewiß; allein man wird ihm doch zeigen müssen, wie sich das näher verhält, was er für unmöglich befindet.

ANSELM: Siehst du denn nicht ein, nach dem, was wir früher entwickelten, daß notwendigerweise einige Menschen zur Seligkeit gelangen? Denn es ist Gottes unwürdig, den mit irgend einer Sünde behafteten Menschen dahin gelangen zu lassen, wohin seine Bestimmung lautete, da er noch von jeder Sünde frei war, damit es nicht den Anschein gewinne, als hätte er das angefangene Gute bereut, oder als könnte er seinen Plan nicht vollenden; so ist es ja wegen derselben Unzukömmlichkeit noch weniger denkbar, daß kein Mensch bei seiner ursprünglichen Bestimmung angelange. Daher muß die Sühne für die Sünde entweder außerhalb des christlichen Glaubens zu suchen sein, wovon wir eben gesprochen haben, ohne daß ein Vernunftgrund hiefür gezeugt hätte; oder dieselbe ist unzweifelhaft innerhalb des christlichen Glaubens vorauszusetzen. Was aber durch einen zwingenden Vernunftgrund sich als wahr ergibt, das darf nimmermehr in Zweifel gezogen werden, mag auch die Begründung des nähern Verhältnisses unsere Fassungskraft übersteigen.



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