Schmutzengel by dtv

Schmutzengel by dtv

Autor:dtv
Format: epub
Herausgeber: dtv


Ich hielt den Rest der Stunde durch, lächelte, bis mir der Kiefer und die Wangenmuskeln schmerzten, ließ Vorwürfe wegen Missbrauchs einer Dating-Veranstaltung an mir abprallen, überlebte den netten Kerl, der bei der Kriminalpolizei war, und gewöhnte mir einen lockeren Ton an, den ich in fast allen Fällen beibehielt. Ein Mann verlangte gleich mehrere Flyer, ein anderer beschimpfte mich, weil ich einen Keil zwischen seine Mutter und ihn treiben wolle, aber die meisten Typen blieben nett. Der Inhaber einer Werbeagentur wollte mich vom Fleck weg engagieren, aber ich ließ mir nur seine Karte geben und murmelte etwas Unverbindliches. Nach einer Stunde war ich vollkommen erschöpft.

Troll erwartete mich mit einem zufriedenen Grinsen und einem halben Liter Bier an der Bar.

»Du warst großartig«, sagte sie.

»Und du warst fürchterlich«, erwiderte ich.

»Es hat gewirkt«, sagte sie. »Wenn ich nett zu den Jungs gewesen wäre, hättest du nicht so schnell eingegriffen.«

Ich nickte. Ich war echt zu fertig, um ihr noch böse zu sein.

Im Saal ging jetzt die Party los, bei der die Leute versuchten, diejenigen Gesprächspartner wiederzufinden, mit denen sie das eben begonnene Gespräch gern fortsetzen würden. Ich schüttete mir die Hälfte des Biers rein und musste ein Aufstoßen unterdrücken. Ah, tat das gut! Troll schlug vor, noch etwas zu bleiben, und ich ertappte mich tatsächlich bei dem Gedanken, dem netten Marc zu erklären, dass meine Dienstleistung nichts mit Liebe zu tun hat, aber dafür fehlte mir die Kraft. Ich hatte für heute genug geleistet. Ich setzte das Glas wieder an, während Troll unsere Jacken holte, und erschrak furchtbar, als in dem Moment, in dem ich die Augen wieder öffnete und mir den Schaum von den Lippen wischte, der schlaksige Fernsehmann direkt vor mir auftauchte. Er wedelte mit dem Flyer, den Troll ihm in die Hand gedrückt hatte. Ich verschluckte mich an dem stark kohlensäurehaltigen Bier.

»Hallo, ich bin der Jens.«

Ich nickte zur Begrüßung, während mir Weißbierschaum in der Nase kribbelte.

»Was war denn das für eine Show, die ihr zwei hier abgezogen habt?«

Ich brauchte noch ein paar Sekunden, aber dann konnte ich wieder sprechen. »Das war eine Werbeveranstaltung«, keuchte ich. »Meine Freundin meinte, dass das eine gute Idee sei.«

»Und wer von euch beiden ist nun die echte Corinna Leyendecker?« Er zeigte auf die Unternehmensdaten auf dem Flyer. Dort stand der Firmenname, mein Name, Anschrift und Kontaktdaten der Schmutzengel. Gegen das Foto, das Troll gern aufgenommen hätte, hatte ich ein Veto eingelegt.

»Das bin ich«, gestand ich und wurde rot. »Ich sollte hier lernen, ohne Angst auf fremde Menschen zuzugehen und ihnen meine Dienstleistung anzubieten. Das muss ich nämlich als Unternehmerin tun, und da habe ich ziemlichen Bammel vor.«

Jens grinste. »Ich kann nur hoffen, dass du nicht genauso rüpelig warst, wie deine Freundin.«

»Nein, ich war ganz nett«, entgegnete ich und wurde noch röter, als mir das Missverständnis mit Marc wieder einfiel. Ich blickte mich schnell um, sah ihn aber nicht mehr. Er hatte sicher eine nette Frau gefunden, die es unprofessionell und gratis machte. Er war durchaus der Typ, für den ein solcher Abend erfolgreich endete.

»Prima Idee, jedenfalls«, sagte Jens.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.