Schauder: Ein Mann der Tat! [Psychothriller] (German Edition) by Wittenbecher Steffen

Schauder: Ein Mann der Tat! [Psychothriller] (German Edition) by Wittenbecher Steffen

Autor:Wittenbecher, Steffen [Wittenbecher, Steffen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-01-21T05:00:00+00:00


Ein Wiedersehen mit Hermann

Das Aussehen eines erwachsenen Mannes besaß Schauder. Das Wissen und die Erfahrungen jedoch waren die eines Jungen im Kindesalter.

Wie sehr hatte er sich in den letzten Jahren der Rehabilitation diesen Tag herbeigesehnt.

Heute war es das erste Mal seit siebzehn Jahren, dass er offiziell und auf sich allein gestellt den Bereich des Klinikums verlassen konnte. Die Abschlussuntersuchungen waren allesamt erledigt und gut verlaufen.

Als er über die Schwelle der Kliniktür nach draußen trat, verharrte er noch einen Moment am Ausgang und sog die frische Luft ein, die ihm ein warmes Sommerlüftchen um seine Nase wehte. Er wusste genau, wohin ihn sein erster Weg führen würde. Zu seinem alten Freund. Nach allem, was passiert war, ließ es ihm keine Ruhe, ihn aufzusuchen.

Die Psychotherapeutin, die die Krankenkasse in den letzten Wochen geschickt hatte, um ihn nach der langen Zeit in der Klinik auf die Außenwelt vorzubereiten, hatte ihm mit feuchten Augen gestern nach der Sitzung ein wenig Geld gegeben, seine Hand fest gedrückt und ihm mit brüchiger Stimme gesagt, dass sie glaubte, dass er jetzt soweit sei, sich in der neuen Gesellschaft zurechtzufinden. Schauder hatte dankend angenommen und gehofft, dass sie nicht in Tränen ausbrechen würde. Zu sehr war er mit sich und seinen Plänen für den heutigen Entlassungstag beschäftigt gewesen, als dass er ihr wiederholt Ratschläge für ihre verkorkste Beziehung hätte geben können. Wenn er es recht überlegte, waren die sogenannten Eingliederungssitzungen in den letzten Wochen eigentlich eher Beziehungsberatungen gewesen, von Schauder an seine Psychotherapeutin.

Er lächelte in sich hinein. Gut, sie hatte wirklich eine Macke, aber sie war ein guter Mensch und überdies ermöglichte sie ihm jetzt auch noch, den Ausflug zu seinem Freund mit dem Bus zu unternehmen und nicht das ganze weite Stück laufen zu müssen.

Als der Bus hielt, stieg Schauder ein, bezahlte seine Fahrkarte zum anderen Ende der Stadt und setzte sich. Gemächlich blickte er sich im Bus um. Eigentlich sah alles aus wie immer. Auch die Menschen hatten sich nicht großartig verändert, es war genau der gleiche Typ Busmitfahrer, wie damals auch. Gut, die Farben der Kleidung und auch die der Buspolsterung hatten sich ein wenig verändert. Aber wozu er eine „Eingliederung in die Gesellschaft“ hatte vornehmen müssen, war ihm zunehmend ein Rätsel.

Endlich hielt der Bus und Schauder stieg aus. An dieser Stelle war er auch vor vielen, vielen Jahren einmal aus einem Bus gestiegen. Die Gegend, in der er sich nun befand, hatte sich seit damals kaum verändert. Dieselben Häuser, dieselben Graffitis und letztlich standen dort nur andere, ihm unbekannte Botschaften. Allerdings wirkte alles so winzig. Die Häuser erdrückten ihn nicht mehr und selbst die Menschen, die ihm begegneten, begrüßten Schauder mit einem offenen Lächeln.

Viele erkannten ihn sogar als den „angefressenen Jungen“. Er sah es in ihren Augen. Erst starrten sie ihn erschrocken an, doch dann lächelten die meisten. Als er den holperigen Steinplattenweg entlanglief, wusste Schauder, dass es nicht mehr weit zu dem Hof sein konnte, der von Abrisshäusern eingegrenzt wurde. Schauder kam an einer Pfütze vorbei und er hielt inne, während er sich darin betrachtete.



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