Schattenleben by Christine Sylvester

Schattenleben by Christine Sylvester

Autor:Christine Sylvester [Sylvester, Christine]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783863584399
veröffentlicht: 2014-05-31T22:00:00+00:00


Köln, Bundesamt für Verfassungsschutz

»Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch«, stand auf der Akte. Möller nahm den Telefonhörer wieder ans Ohr. »Sie haben recht, die Zielperson wurde tatsächlich von uns beobachtet. Allerdings nur … Moment.« Er blätterte im Register. »Von 1983 bis 1990. Kein Vermerk über die Gründe, nur ›Einstellung der Observation‹.«

Möller schnaufte. Er hasste Anfragen von den Landesämtern. Eigentlich sollten die Provinztrottel dem Bundesamt die Informationen zuspielen und nicht umgekehrt. Und dann noch aus dem Osten. Da hatte man doch ab der Wende jeden unter die Lupe genommen, nur nicht die Richtigen.

»Ein psychiatrisches Gutachten?« Möller stöhnte. »Klar, ich schaue nach.« Erneut legte er den Telefonhörer zur Seite und begann in der Akte zu blättern. Da war etwas. Ein einseitiges Gutachten mit Briefkopf und Stempel der Berliner Charité. Na also.

Möller nahm den Hörer wieder auf. »Hören Sie? Das Gutachten ist aus dem Jahre 1995. Ich zitiere: ›Aufgrund mangelnder Therapierbarkeit der signifikanten Persönlichkeitsstörung … bla, bla, bla … nur Medizinerkauderwelsch … empfehlen wir eine Fortsetzung des Regelvollzugs‹ … Reicht Ihnen das?« Möller blätterte weiter. »Nein. Ein Gegengutachten finde ich nicht. Aber klar, ich schaue noch mal genau nach. Moment.«

Ein weiteres Mal legte er den Telefonhörer zur Seite. Solche Korinthenkacker. Da war noch mal ein Schreiben der Charité. Warum waren diese Akten nur chronologisch geordnet und nicht thematisch? Sie mussten dringend das System überdenken.

Er griff zum Hörer. »Es gibt tatsächlich ein weiteres Gutachten von 2005. Man empfiehlt die Überstellung in die forensische Psychiatrie.« Möller schob die Akte von sich. »Nein, kein Vermerk über den weiteren Verlauf.« Er schnaufte. »Nein, auch keine Angaben zur Klinik.« Er sah auf die Uhr. In einer halben Stunde hatte er Dienstschluss, und er musste noch den Tagesbericht fertigstellen. Warum waren diese Ossis nur immer so hartnäckig?

Er setzte sich aufrecht hin. »So, jetzt hören Sie mir mal zu! Die Zielperson stand laut Akte wegen radikaler Kontakte unter unserer Beobachtung. Mit dem Doppelmord und der psychiatrischen Begründung waren wir raus aus der Nummer. Wir können uns doch nicht jeden Psychopathen mit gestörten Familienverhältnissen vornehmen. Schönen Tag noch.«

Genervt warf Möller den Hörer auf die Gabel. Womit man so seine Zeit verschleuderte. V-Mann! Ein Doppelmörder in der Forensik und dann V-Mann … Auf Ideen kamen die in Sachsen!

Er warf einen letzten Blick in die Akte. Wieso eigentlich Joachim Meuser? Die Akte betraf doch die Zielperson Günter Fritz.



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