Schade, dass du nicht tot bist by Rita Mae Brown

Schade, dass du nicht tot bist by Rita Mae Brown

Autor:Rita Mae Brown [Brown, Rita Mae]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-08-19T14:18:14.885000+00:00


21

Der Vollmond bestrahlte die Wiesen mit silbernem Licht und ließ die Kornblumen dunkellila schimmern. Fledermäuse schossen von den hohen Koniferen zu den Dachtraufen von Harrys Haus und zurück.

Mrs. Murphy saß auf der rückwärtigen Veranda. Im Hintergrund war Tuckers Schnarchen zu hören. Die Katze war unruhig, doch sie wußte, daß sie am Morgen Tucker die Schuld geben und ihr sagen würde, sie habe sie wach gehalten. Tucker hingegen beschuldigte Mrs. Murphy, sie erfinde die Geschichten über ihre Schnarcherei.

In Wirklichkeit war es Harry, die Mrs. Murphy wachhielt. Sie wünschte, ihre Freundin wäre nicht so neugierig. Neugierde kostete eine Katze selten den Schwanz, aber Menschen brachte sich allemal in Schwierigkeiten. Mrs. Murphy fürchtete, Harry könnte eine Reaktion des Mörders provozieren, wenn sie ihm zu nahe kam. Mrs. Murphy war ungeheuer stolz auf Harry, und wenn irgendein Mensch schlau genug war, die Teile dieses verworrenen Puzzles zusammenzusetzen, dann war es ihre Harry. Aber ein Puzzle zusammensetzen und sich schützen war zweierlei. Weil Harry sich nicht vorstellen konnte, einen anderen Menschen zu töten, konnte sie auch nicht glauben, daß jemand sie würde töten wollen.

Menschen faszinierten Mrs. Murphy. Sie vergeudeten ihre Zeit mit der Verfolgung völlig unwesentlicher Ziele. Nahrung, Kleidung und Obdach genügten ihnen nicht, und wegen ihrer Spielsachen machten sie sich und alle in ihrer Umgebung verrückt, Tiere eingeschlossen. Mrs. Murphy fand Autos, ein Motorspielzeug, absurd. Dafür wurden Pferde geboren. Und überhaupt, wozu die große Eile? Nun, wenn die Menschen Geschwindigkeit wollten, konnte sie das vielleicht noch akzeptieren - es war schließlich ein körperliches Vergnügen. Nicht akzeptieren konnte sie, daß diese Geschöpfe schufteten und schufteten und dann keine Freude hatten an dem, wofür sie schufteten; sie waren zu sehr damit beschäftigt, Dinge zu bezahlen, die sie sich nicht leisten konnten. Bis sie das Spielzeug bezahlt hatten, war es abgenutzt, und sie wollten ein neues. Schlimmer noch, sie waren mit sich selbst nicht zufrieden. Sie waren ständig auf einem Selbstverbesserungstrip. Das erstaunte Mrs. Murphy. Warum konnten die Leute nicht bloß sein? Sie mußten immer die besten sein. Arme, kranke Wesen. Kein Wunder, daß sie an Krankheiten starben, die sie selbst verursachten.

Ein Grund, weswegen sie Harry liebte, war der, daß Harry tierähnlicher war als andere Menschen. Sie hielt sich gern im Freien auf. Sie war nicht von dem Drang getrieben, eine Menge Spielsachen zu besitzen. Sie war zufrieden mit dem, was sie hatte. Mrs. Murphy wünschte, Harry müßte nicht jeden Tag ins Postamt gehen, aber es machte Spaß, die anderen Leute zu sehen; wenn sie schon arbeiten mußte, dann war diese Arbeit gar nicht so übel. Die Leute allerdings verachteten Harry, weil sie keinen Ehrgeiz hatte. Mrs. Murphy fand die Leute idiotisch. Harry war besser als irgendeiner von ihnen.

So gut Harry war, sie hatte auch die Schwächen ihrer Gattung. Paarung war etwas Kompliziertes für sie. Scheidung, eine menschliche Erfindung, komplizierte die Simplizität der Biologie noch mehr. Ferner entgingen Harry Mrs. Murphys Mitteilungen. Obgleich Harry die Nacht nicht fürchtete, war sie nachts verwundbar. Vielleicht fühlten sich Menschen in der Dunkelheit als Beute, weil sie so schlechte Augen hatten.

Die Menschen verknüpften Nachttiere mit dem Bösen.



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