Prinzessinnen unterwegs by Annette C. Cremer Anette Baumann Eva Bender (Hrsg.)

Prinzessinnen unterwegs by Annette C. Cremer Anette Baumann Eva Bender (Hrsg.)

Autor:Annette C. Cremer, Anette Baumann, Eva Bender (Hrsg.)
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2018-03-15T00:00:00+00:00


5Fazit

Die hier untersuchten Reisen russischer hochadliger Frauen zeigen, dass dieser Personenkreis von der Möglichkeit, unterwegs zu sein, regen Gebrauch machte. Somit trifft die anfänglich zitierte Aussage zur Ortsgebundenheit von Frauen für hochadlige Russinnen für die Zeit seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht zu. Die Lebensweise der russischen Aristokratie war von einem kontinuierlichen Wechsel zwischen Stadtresidenz und Landsitz geprägt. Die Weite des Russländischen Reiches machte lange Fahrten zu Landgütern und Verwandten daher unverzichtbar. Auch für Frauen waren dabei Übernachtungen in der Kutsche und tagelange Fahrten ohne Aufenthalt (insbesondere auf der Strecke St. Petersburg – Moskau) die Regel. Aber auch Reisen ins westliche Ausland erfreuten sich bei den Aristokratinnen einer wachsenden Beliebtheit. Allerdings unternahmen sie solche Fahrten in der Regel nicht alleine, sondern in männlicher Begleitung. Zumeist hatten sie, abgesehen von leibeigenen Dienern, ihre Ehemänner sowie weitere Familienmitglieder an ihrer Seite.

Unter den angeführten Gründen für die Fahrten ins Ausland dominierten die Förderung der Gesundheit sowie die Bildung der Söhne, die man zur Beaufsichtigung begleitete oder besuchte. Beide Reiseanlässe waren in jener Zeit somit für Frauen gesellschaftlich akzeptiert. Bereits von Katharina der Großen sind jedoch kritische Äußerungen über die Bevorzugung ausländischer gegenüber den von ihr geförderten heimischen Bildungsstätten belegt. Mit der Französischen Revolution und den darauffolgenden Koalitionskriegen schied Frankreich dann bis zum Sturz Napoleons als Reiseziel für russische Frauen aus. Andere Motive wie etwa Reiselust nannten die drei Autorinnen in ihren eigenen Texten nicht explizit, allerdings machten sie in ihren Beschreibungen deutlich, dass ihnen das Reisen Freude bereitete.

Zu jener Zeit waren hochadlige russische Damen bereits Teil einer gesamteuropäischen Adelskultur und fühlten sich im exklusiven aristokratischen Milieu auch in der Fremde heimisch. Die Betonung der ihnen zuteilgewordenen Empfänge und Vorstellungen an europäischen Höfen diente aber sicherlich auch der Hervorhebung der eigenen Person und Familie und wurde als soziales und symbolisches Kapital eingesetzt.

Die Reisepraxis bei Auslandsreisen differierte zwischen Männern und Frauen innerhalb der Aristokratie nicht grundlegend. Aus Gründen der Bequemlichkeit und Sicherheit reiste man nie alleine, sondern immer in Begleitung von Dienern. Gravierend waren hingegen die Unterschiede zu Angehörigen anderer sozialer Schichten, auch denen des ärmeren Adels. Reisen ins westliche Ausland konnten sich neben reichen Kaufleuten und einigen wenigen, mit Stipendien geförderten Studenten aufgrund der hohen Kosten in der Regel nur wohlhabende Adlige leisten. Dies kam auch darin zum Ausdruck, dass die russischen adligen Damen bei ihren Touren im Westen in jener Zeit nur auf Landsleute ihres eigenen Standes trafen.

Im Vergleich mit den alljährlichen, routinemäßigen Fahrten zu den Gutssitzen in Russland waren die Fahrten nach Westeuropa für den Hochadel im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts auch weiterhin nicht alltäglich. Gleichwohl kann man bei den Golicyns und anderen russischen aristokratischen Geschlechtern von einer sich herausbildenden Tradition des Reisens nach Westen sprechen. Natal’ja Golicyna etwa unternahm zweimal in ihrem Leben eine solche Fahrt: in ihrer Kindheit mit den Eltern und später mit dem Ehemann sowie den eigenen Kindern. Auch die Angehörigen der nächsten beiden Generationen der Golicyns fuhren wiederholt nach Mittel- (Deutschland, Österreich, Schweiz), West- (Frankreich und England) und Südeuropa (Italien). Über die Reisen wurde



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