Politisches Framing by Wehling Elisabeth

Politisches Framing by Wehling Elisabeth

Autor:Wehling, Elisabeth [Wehling, Elisabeth]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Herbert von Halem


SECHS.DREI

DIE MORALISCHE OBERHAND

Im DEUTSCHLANDFUNK werden im Dezember 2014 die »Abstiegsängste einer verunsicherten Mittelschicht« diskutiert (MEURER in DEUTSCHLANDFUNK, 23.12.2014). Der Begriff ›Mittelschicht‹ aktiviert einen Schichten-Frame: Schichten verlaufen horizontal. Gibt es mehrere Schichten, so liegen diese übereinander wie bei einer Schichttorte. Wann immer es mehrere Schichten gibt, stehen diese also in einem vertikalen Verhältnis zueinander: Eine Schicht ist ganz unten, darauf liegt die nächste, darauf die nächste und so weiter.

Das Bild der ›Vertikalität‹, das dem Schichten-Frame innewohnt, wird auch über den Begriff »Abstiegsängste« (OPRATKO in ORF.AT, 2.2.2015) aktiviert, wie über viele weitere Begriffe unserer ganz alltäglichen Gesellschaftsdebatten.

Der DEUTSCHLANDFUNK titelt: »Sozialer Abstieg: Mit dem Fahrstuhl nach unten« und schreibt weiter: »Die Zeiten des sozialen Aufstiegs sind längst vorbei. Die deutsche Gesellschaft wird zu einer Abstiegsgesellschaft« (STOROST in DEUTSCHLANDFUNK, 14.8.2014). Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt im Frühjahr 2013: »Allen Vorurteilen zum Trotz wird die Unterschicht in Deutschland kaum größer. Allerdings gelingt es weniger Armen, in eine höhere Schicht aufzusteigen«, und wirft die Frage auf, »wie viele Menschen in Deutschland arm sind, wie viele in die Armut gerutscht und wie viele in die Oberschicht aufgestiegen sind« (SCHÄFER in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.2.2013). Derweil bezeichnet die SPD-Bundestagsfraktion die Koalitionspläne von Schwarz-Gelb im Jahr 2012 als eine »Umverteilung von unten nach oben« (SPD-BUNDESTAGSFRAKTION, 11.3.2012), während Die Welt wiederum berichtet, die SPD selbst setze auf »Umverteilung von oben nach unten« (Die Welt, 18.4.2009).

Die Begriffe ›sozialer Aufstieg‹, ›Abstiegsgesellschaft‹, ›Unterschicht‹, ›in die höhere Schicht aufsteigen‹, ›in die Armut rutschen‹, ›in die Oberschicht aufsteigen‹, ›sozialer Abstieg‹, ›oben‹ und ›unten‹ – sie alle aktivieren das Konzept der Vertikalität und wenden es auf die Gesellschaft an: Wer wenig Einkommen, Einfluss, Prestige und Bildung besitzt, der ist unten. Wer viel Einkommen, Einfluss, Prestige und Bildung besitzt, der ist oben. Die Mittelschicht liegt beispielsweise zwischen der Unter- und Oberschicht, und wer verarmt, der steigt aus der Mittelschicht nach unten ab – in die Unterschicht.

Allerdings funktioniert der Vertikalitäts-Frame nicht nur als metaphorisches Vehikel, um Quantität – also die Frage nach viel oder wenig finanziellem Vermögen – zu kommunizieren.

Es gibt insgesamt sechs Metaphern, die hier relevant sind, und die allesamt auf dem Konzept von ›oben und unten‹ aufbauen. Sie umfassen Quantität, Kontrolle, Tüchtigkeit, Moral, Glück und Göttlichkeit. Der Einfachheit halber liste ich sie einmal mit Sprachbeispielen der Reihe nach auf.



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