Naturwissenschaftler vor und nach Hitlers Aufstieg zur Macht (German Edition) by Janina Altman

Naturwissenschaftler vor und nach Hitlers Aufstieg zur Macht (German Edition) by Janina Altman

Autor:Janina Altman [Altman, Janina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-16T05:00:00+00:00


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Haber wird der Nobelpreis verliehen

Jedes Jahr um die Zeit, wenn die Namen der Nobelpreisträger veröffentlicht wurden, lief die Gerüchteküche in den wissenschaftlichen Zirkeln hinsichtlich der vermutlichen Preisträger heiß. Der Preis trug nicht nur zum Ansehen des jeweiligen Wissenschaftlers bei, sondern auch zu dem seiner Institution und seines Landes. Haber wurde 1919 für seine Ammoniaksynthese der Nobelpreis für Chemie zugesprochen. Er fühlte sich erleichtert. Der Verleihung dieses Preises kam eine besondere Bedeutung zu. Das Stigma und der über ihn verhängte Bann von Seiten der internationalen Forschergemeinde waren aufgehoben. Auch für die Mitarbeiter des Kaiser-Wilhelm-Institutes war das eine gute Nachricht. Dennoch ging die scharfe öffentliche Debatte über die Entscheidung der schwedischen Akademie in der Tagespresse und den wissenschaftlichen Organen der verschiedenen Länder weiter. Niemand bezweifelte die Wichtigkeit der Ammoniaksynthese für die Herstellung von chemischem Dünger oder ihren Beitrag zur Anreicherung des Bodens und der landwirtschaftlichen Erträge. Die schweren Anwürfe liefen alle auf den einen Punkt hinaus, der in der Entscheidung des Gremiums keinerlei Ausdruck fand: Die Deutschen hatten Ammoniak als Rohstoff zur Sprengstoffherstellung verwendet, vergrößerten daher das Ausmaß des Mordens und verlängerten den Krieg.

Ab 1914 sah die schwedische Akademie davon ab, Zeremonien zu veranstalten, in denen Goldmedaillen verliehen wurden. Stattdessen überwies man das Preisgeld direkt an den Gewinner. Aus Anlass des Geburtstags von Alfred Nobel wurde am 1. Juni 1920 in Stockholm die feierliche Verleihung des Nobelpreises für Chemie und Physik der Jahre 1914 bis 1919 nachgeholt. Unter den Preisträgern waren fünf Deutsche, drei Engländer und ein Ungar. Drei der Deutschen waren die Physiker Max von Laue, Max Planck und Johannes Stark und die anderen beiden die Chemiker Richard Willstätter und Fritz Haber. Die fünf reisten nach Stockholm, als sich beim Grenzübertritt ein unangenehmer Vorfall ereignete. Die deutschen Zollbeamten unterzogen sie einer überaus gründlichen physischen Kontrolle, als ob sie unter Verdacht stünden, Gold aus Deutschland heraus zu schmuggeln anstatt es heimzubringen.

Aus der Sicht der Preisträger war der Aufenthalt in Stockholm ein wunderbarer Urlaub. Sie genossen den Frühling, die wärmenden Sonnenstrahlen und die schöne Stadt, durch deren Straßen sie gemeinsam mit ihren schwedischen Gastgebern flanierten. Im Goldenen Saal des Stockholmer Rathauses gab es eine feierliche Gala und die deutsche Botschaft lud sie zu einem festlichen Essen. Endlich wich die ungeheure Anspannung, die ihr tägliches Leben in Deutschland seit Ausbruch des Krieges gekennzeichnet hatte. Willstätter bemühte sich nicht, seinen Vortrag, den er halten sollte, bis ins Kleinste vorzubereiten, da er von einer Arbeit über Chlorophyll und Anthocyane handelte, die er bereits seit langem abgeschlossen hatte. Dafür wandte er all seine Zeit für die Vorbereitung des Vortrages auf, über seine letzte aktuelle Enzymforschung, den er sofort nach seiner Rückkehr bei der Eröffnungsfeier des Emil-Fischer-Instituts halten sollte.



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