Maurice by Unbekannter Autor

Maurice by Unbekannter Autor

Autor:Unbekannter Autor
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-05-05T04:00:00+00:00


DRITTER TEIL

26

Drei Jahre lang hatte Maurice sich wohl gefühlt und er war so glücklich gewesen, daß er am nächsten Tag automatisch weitermachte wie bisher. Er wachte mit dem Gefühl auf, es müsse sich bald alles wieder einrenken. Clive werde zurückkommen und sich entschuldigen oder auch nicht, ganz wie ihm zumute war, und er werde Clive verzeihen. Clive musste ihn lieben, denn sein ganzes Leben beruhte auf Liebe, und jetzt ging es weiter wie gewöhnlich. Wie konnte er schlafen und Ruhe finden, wenn er keinen Freund hatte? Als er aus der Stadt zurückkehrte und keine Nachricht vorfand, blieb er für eine kurze Zeit gelassen und erlaubte seiner Familie, Vermutungen über Clives Weggehen anzustellen. Doch er begann Ada zu beobachten. Sie sah elend aus - sogar ihre Mutter bemerkte es. Er beobachtete sie heimlich. Ohne sie hätte er die Szene als »eine von Clives langen Ansprachen« abgetan, aber Ada kam in dieser Ansprache als Beispiel vor. Er überlegte, warum sie wohl so traurig sei.

»Ich möchte dir...«, rief er, als sie alleine waren; er wusste nicht, was er sagen wollte, obwohl ihn eine plötzliche Verfinsterung des Gemüts hätte warnen sollen. Sie antwortete, aber er konnte sie nicht hören. »Was fehlt dir?« fragte er und zitterte. »Nichts.«

»Da gibt es doch etwas — ich sehe es, ich kann es sehen. Du kannst mich nicht täuschen.«

»O nein... wirklich, Maurice, es ist nichts.«

»Warum hat... was hat er gesagt?«

»Nichts.«

»Wer hat nichts gesagt?« brüllte er und schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. Er hatte sie ertappt. »Nichts ..., nur Clive.«

Als er den Namen von ihren Lippen vernahm, tat sich die Hölle auf. Er litt schrecklich, und bevor er sich zurückhalten konnte, hatte er Worte ausgesprochen, die keiner von ihnen jemals vergaß. Er beschuldigte seine Schwester, seinen Freund zu verführen. Er ließ durchblicken, Clive habe sich über ihr Verhalten beklagt und sei deswegen in die Stadt zurückgekehrt. Ihre sanftmütige Natur war so getroffen, daß sie sich nicht verteidigen konnte, sondern nur noch schluchzte und schluchzte, sie flehte ihn an, ihrer Mutter nichts zu sagen, so als sei sie schuldig. Er willigte ein: Die Eifersucht hatte ihn toll gemacht. »Aber wenn du ihn siehst... Mr. Durham, sag ihm, ich hätte das nicht gewollt... Sag ihm, es gäbe niemanden, mit dem ich lieber...«

»... auf die schiefe Bahn geraten wäre«, ergänzte er: Erst später sah er seine schurkische Handlungsweise ein. Ada schlug die Hände vor das Gesicht und brach zusammen. »Ich werde es ihm nicht erzählen. Ich werde Durham niemals wiedersehen und ihm nie wieder irgend etwas erzählen können . Du hast die Genugtuung, diese Freundschaft kaputt gemacht zu haben.«

Sie schluchzte: »Das ist mir gleich... Du bist immer so unfreundlich zu uns gewesen.« Schließlich erhob er sich. Kitty hatte ähnliches auch schon zu ihm gesagt. Ada jedoch noch nie. Ihm wurde klar, daß seine Schwestern ihre Abneigung hinter ihrem unterwürfigen Gehorsam versteckten: Nicht einmal zu Hause war er erfolgreich. Er brummte vor sich hin: »Es ist nicht meine Schuld«, und ließ sie allein.

Eine vielschichtigere Natur würde sich anständiger verhalten und vielleicht weniger gelitten haben.



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