Manchmal ist der Teufel auch nur ein Mensch by Rath Hans

Autor:Rath, Hans [Rath, Hans]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644217911
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-11-11T05:00:00+00:00

Frau Kretzer kann Anton Auerbach dazu bewegen, mir für den frühen Abend einen Termin zu geben. Eigentlich ist sein Terminkalender rappelvoll, er will es aber unbedingt arrangieren, dass er eine halbe Stunde Zeit für mich erübrigen kann. Weniger Glück hat Frau Kretzer bei dem Versuch, für mich einen Arzttermin zu machen. Selbst ihr ehemaliger Arbeitgeber kann auf die Schnelle nichts für mich tun. Und im Krankenhaus brauche ich es erst gar nicht zu versuchen, weil man dort mit einer Hautkrankheit nur dann als Notfall angenommen wird, wenn die Leute schreiend vor einem weglaufen. So weit ist es mit meinem Ausschlag noch nicht, obwohl man mich heute ständig daran erinnert. Während Frau Kretzer für ihr neues Outfit ein Kompliment nach dem anderen kassiert, werde ich von meinen Patienten ausgiebig bemitleidet.

Ich bin froh, als der Arbeitstag endlich vorbei ist. Gemütlich spaziere ich zum Ritz Carlton und stehe wenig später vor der Suite 666.

Anton Auerbach empfängt mich in einem schwarzen Seidenkimono mit roten Drachenköpfen. Der Aufzug verleiht ihm die Aura eines alternden Playboys. «Jakob! Schön, Sie zu sehen. Kommen Sie rein.»

Ich betrete die Suite und erkenne unschwer den Grund für Auerbachs Terminschwierigkeiten. Er hat offenbar ein Rendezvous vor sich.

Sämtliche Türen in der riesigen Suite stehen offen, weil ein Heer von herumwuselnden Hotelangestellten damit beschäftigt ist, Auerbachs Stelldichein vorzubereiten.

Ich erkenne ein mit roten Rosenblättern geschmücktes Himmelbett. Zwei Zimmermädchen zupfen an der schneeweißen Leinenwäsche herum, um dem Arrangement den allerletzten Schliff zu geben. Ein Hotelmitarbeiter, vermutlich der Housekeeper, wacht mit Argusaugen darüber, dass alles seine Richtigkeit hat.

Derweil verwandeln einige Mitarbeiterinnen des hoteleigenen Beauty-Spa das Badezimmer in eine Wohlfühloase. Auch hier hat man nicht mit Rosenblättern gegeizt. Selbst das Wasser in der sehr geräumigen Eckbadewanne ist zur Gänze mit roten Blüten bedeckt. Duftkerzen stehen bereit, um den Raum später in ein heimeliges Licht zu tauchen. Kostbare Öle und Essenzen warten darauf, bei wohltuenden Massagen ihre entspannende Wirkung zu entfalten.

Ich ahne schon, wem der ganze Aufwand gilt.

«Also, Jakob. Was ist denn so wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?», fragt Auerbach und bittet mich mit einer einladenden Handbewegung, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Er selbst lässt sich in einen Sessel fallen

«Möchten Sie was trinken?», fragt er freundlich.

«Danke, nein. Ich will Sie auch nicht lange stören», antworte ich.

Mein Blick fällt auf einen prall mit Eis gefüllten Sektkühler, in dem eine Flasche Champagner auf ihren großen Auftritt wartet.

«Jahrgang 1988», stelle ich fest.

«Ja, den trinkt sie besonders gern», erwidert Auerbach.

«Die Dame, die ich gleich erwarte», fügt er nach kurzem Zögern hinzu, als wüssten wir nicht beide, dass es sich um Ellen handelt.

Ich denke an das Gespräch mit Roberto. Ob Auerbach nun der Teufel ist oder nicht: Er ist in jedem Fall ein großer Heuchler.

«Ellen hat es mir erzählt, und das wissen Sie auch», sage ich entspannt.

Er grinst sein Raubtierlächeln. «Und? Wie finden Sie meinen Schachzug?»

Bevor ich antworten kann, meldet sich der Housekeeper zu Wort: «Wir wären dann so weit, Herr Auerbach. Falls ich und meine Leute noch irgendetwas für Sie tun können …»

«Danke, das ist dann erst mal alles», sagt Toni gnädig.

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