Maigret - 32 - Maigret in Arizona by Simenon Georges

Maigret - 32 - Maigret in Arizona by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Georges, Simenon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-04-09T04:00:00+00:00


SECHSTES KAPITEL

Das Defilee der Kollegen

Es wurde intim. Morgens, vor allem aber nach dem Mittagessen, das einige auf dem Hof oder in der nahe gelegenen Anlage einnahmen, freute man sich, wieder zusammen zu sein. Man winkte einander zu. Man wußte, auf welchen Platz die Stammgäste sich setzen würden; selbst die fünf Soldaten schienen einen nicht mehr als Eindringling zu betrachten.

Die Intimität war unten noch spürbarer, wo die Geschworenen auf einer für das Publikum bestimmten Bank neben den anderen Zuschauern Platz nahmen. Regelmäßig runzelte der Coroner die Stirn, wenn er den großen lärmenden Ventilator betrachtete. Der Eiswasserbehälter mit den Pappbechern befand sich in der Nähe Maigrets, so daß jeder einmal in seine Nähe kam. Seit er im Vorbeigehen das Baby der Negerin gestreichelt hatte, hielt diese ihm seinen Platz frei und lächelte ihn strahlend an.

Hesekiel wartete den Beginn der Verhandlung ab, um einem Neuling den Streich mit der Zigarette oder der Zigarre zu spielen. Er war nur zum Schein mürrisch und hatte die Seele eines jungen Spaßvogels. Plötzlich richtete er sich auf, wobei sein Schnurrbart zitterte, streckte den Arm aus und rief ohne Rücksicht auf die Richter, die er unterbrach: »He, Sie!«

Der ganze Saal lachte. Man drehte sich um, um zu sehen, wer erwischt worden war.

»Machen Sie Ihre Zigarette aus!«

Und zufrieden blickte er um sich. Sein größter Erfolg war es gewesen, als er den Attorney selbst ertappt hatte, der nach einer Pause ganz vergessen hatte, daß er rauchend in den Saal gekommen war.

»He, Attorney!«

Maigret konnte nicht glauben, daß man an diesem Tage fertig würde und daß in wenigen Stunden die fünf Männer und die Frau, die die Geschworenen waren, in der Lage wären, zu entscheiden, ob Bessy durch einen Unfall den Tod gefunden hatte oder nicht. Antworteten sie mit Ja, so würde nämlich die Untersuchung ein für allemal abgeschlossen sein. Würden sie aber entscheiden, daß der Tod durch verbrecherisches Handeln einer oder mehrerer Personen herbeigeführt sei, so würden Mike O’Rourke und seine Leute Zeit genug für die Vorbereitung des endgültigen Prozesses haben.

Es war merkwürdig. Beim Mittagessen hatte Maigret eine kleine Entdeckung gemacht, die ihm Spaß bereitete und ihn vor allem darum freute, weil sie ein wenig eine Rache an Harry Cole war. Dieser war nicht ganz der gleiche gewesen wie an den anderen Tagen. Er hatte sich aufgeführt, als wäre eine hübsche Frau bei ihnen, und der Kommissar hatte nicht lange gebraucht, bis er begriffen hatte, daß er sich Ernestos, des Rauschgiftmanns, wegen so benahm.

Im Grunde empfand Cole für ihn die unwillkürliche Achtung, fast die Bewunderung, die man hier jedem zollt, der Erfolg hat, gleichgültig, ob er ein Milliardär, ein Filmstar oder ein berühmter Mörder ist.

Der Mexikaner hatte auf einen Schlag Rauschgift im Wert von zwanzigtausend Dollar herübergeschmuggelt, aber vorher schon kleinere Mengen über die Grenze gebracht. Er besaß jenseits der Grenze im Gebirge, das nur mit dem Flugzeug zugänglich ist, seine eigene Marihuana-Plantage.

Wenn sich die Öffentlichkeit so wenig für diese Untersuchung interessierte, so wohl darum, weil keiner der fünf Luftwaffensoldaten, selbst dann, wenn er Bessy ermordet hatte, ein Verbrecher von Format war.



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