Madame le Commissaire und der Tod des Polizeichefs Kriminalroman by Pierre Martin

Madame le Commissaire und der Tod des Polizeichefs  Kriminalroman by Pierre Martin

Autor:Pierre Martin
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426437308
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2016-03-01T16:00:00+00:00


23

Die beiden Mappen auf ihrem Schreibtisch interessierten sie zwar, aber es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Zu viel ging in ihrem Kopf kreuz und quer. Sie fragte sich, ob es ihr früher leichter gefallen war, ihre Grübeleien in systematische Bahnen zu lenken. War ihr diese Fähigkeit abhandengekommen, oder hatte sie schon immer alles durcheinandergewirbelt, und keiner hatte es gemerkt – nicht einmal sie selbst. Saint-Tropez, Notebook, Lily, Bastian, Narkosemittel, der Juwelier Rousseff, Capitaine Richeloin, Thierry …

Verdammt, warum drängte sich Thierry in ihre Gedanken? Er hatte nichts mit ihrer Arbeit zu tun, außerdem konnte er ihr gerade mal den Buckel runterrutschen. Ihr fiel ein, dass sie auf seine letzte Textnachricht nicht geantwortet hatte. Nun, da befand er sich in bester Gesellschaft, sie hatte auch auf Rouven Mardrinacs Zeilen nicht geantwortet, noch nicht.

Isabelle stützte den Kopf in ihre Hände und starrte auf ein Blatt in jener Mappe, die sich mit dem Mord an einem Drogenkurier beschäftigte, der zu Bastians letzten Fällen gezählt hatte. Er war zu nächtlicher Stunde am Hafen von Toulon erschossen worden, dort, wo die Fähren von und nach Korsika anlegten. Sie blätterte hin und her. Die Hintergründe, die im Protokoll skizziert wurden, konnten sie nicht wirklich fesseln. Diese waren erstens nicht neu und ihr zweitens aus ihrer früheren Tätigkeit bestens vertraut. Im konkreten Fall spielten zwei Kartelle eine Rolle, die sich aufs heftigste bekriegten. Eine Bande war in Marseille ansässig und hatte ihre Wurzeln bei den Einwanderern aus dem Maghreb. Eine zweite Gruppierung hatte das Drogengeschäft weiter im Osten im Griff. Ihre Leute stammten aus Korsika und waren kaum weniger brutal, wenn es um die Durchsetzung ihrer Ziele ging. Wie es schien, lief die imaginäre Grenze zwischen ihren Einflusssphären genau durch Toulon. Eigentlich hatten hier die Korsen das Sagen, wie früher auch in Marseille, aber die »Araber« versuchten ihren Machtbereich mit der Kalaschnikow auch hier durchzusetzen. Der Drogenkurier, der mit der Fähre von Ajaccio gekommen war, war regelrecht durchsiebt worden. In seinem Fall war das keine Redensart, sondern – wie auf den Fotos zu sehen war – im Ergebnis äußerst unappetitlich.

Welche Ziele hatte Bastian verfolgt, was hatte er zu erreichen erhofft? Ganz offenbar hatte er vor allem zu verhindern versucht, dass aus seiner Stadt ein zweites Marseille wurde. Toulon sollte nicht zum Schauplatz eines Kartellkrieges werden. Am liebsten hätte er beide Banden ins Meer gejagt und die Drahtzieher hinter Schloss und Riegel gebracht. Vom Boss des korsischen Clans war sogar ein Foto beigelegt. Bastian hatte seinen Spitznamen notiert: Nabulione. Das war Korsisch und stand für Napoleon. Wie Bonaparte war der Bandenboss in Ajaccio geboren und offenbar von eher kleiner Statur.

Aus Bastians Notizen ging hervor, dass er nicht damit rechnete, den mächtigen Nabulione höchstpersönlich zur Verantwortung ziehen zu können, aber an seine Adjutanten hoffte er heranzukommen. Natürlich hatte er weder bei den »Arabern« noch beim Kartell des Nabulione eine realistische Chance. Was die Polizei in Marseille mit Sondereinsatzkommandos nicht schaffte, würde er auch in Toulon nicht vollbringen können.

Isabelle legte die Mappe zur Seite.



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