Liebesgedichte Amores by Holzberg Niklas;Ovid

Liebesgedichte  Amores by Holzberg Niklas;Ovid

Autor:Holzberg, Niklas;Ovid,
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: De Gruyter (A)
veröffentlicht: 2014-09-26T00:00:00+00:00


1

Alt und so manches Jahr nicht behauen, so steht da ein Waldstück; eine Gottheit bewohnt – ja, das ist glaubhaft – den Ort.

Eine heilige Quelle ist mitten darin und von Tropfstein eine Grotte; ringsum lieblicher Vogelgesang.

Während ich hier im Schutz des Waldesschattens spazierte (»Welches Werk«, fragt’ ich mich, »setzt meine Muse in Gang?«),

da erschien Elegia; ihr duftendes Haar war geflochten, und ihr einer Fuß schien etwas länger zu sein.

Schön war sie, ihr Gewand hauchdünn, erotisch ihr Antlitz, und es verlieh ihr sogar Anmut der Fehler am Fuß.

Grimmig kam auch Tragoedia mächtigen Schritts: In die Stirn fiel finster das Haar, und ihr schleifte am Boden das Kleid;

weit ausladend schwang das Königsszepter die Linke, hoch umschnürte das Bein Lydiens Schuh, der Kothurn.

Erst sprach sie. »Wird jemals ein Ende dein Lieben erreichen, o Poet, der du zäh haftest an deinem Sujet?

Deine Liederlichkeit ist bei allen Gelagen Erzählstoff, auch an den Kreuzungen, wo vielfach die Straße sich teilt.

Geht der Poet vorbei, zeigt oft man auf ihn mit dem Finger und sagt: ‚Der ist es, den Amor, der wilde, entflammt.‘

Anlass gibst du zum Klatsch ganz Rom, doch du merkst es nicht einmal, während du ohne Scham von deinen Taten erzählst.

Zeit wär’s, vom ernsten Thyrsus dich inspirieren zu lassen; du hast genug nun gesäumt: Starte ein größeres Werk.

Dein Sujet unterdrückt dein Talent; sing Taten von Männern: ‚Würdig ist dieses Gebiet‘, sagst du dann, ‚meines Esprits.‘

Lieder für zarte Mädchen gab tändelnd dir ein deine Muse; du hast die Jugend durchlebt, wie’s ihrem Rhythmus entspricht.

Ich, die Tragödie Roms, will durch dich jetzt Berühmtheit erlangen! Was meine Gattung verlangt, das wird erfüllen dein Geist.«

So sprach sie und bewegte, stelzend auf bunten Kothurnen, dreimal und viermal ihr Haupt, welches umwallt war vom Haar.

Lächelnd – weiß ich’s noch recht? – sah mich an von der Seite die andre; hielt einen Myrtenzweig sie in der Hand oder nicht?

»Warum, du stolze Tragoedia, drückst du mich nieder, voll Pathos sprechend?« sagte sie. » Kannst stets nur pathetisch du sein?

Dennoch geruhtest du, ungleich lange Verse zu sprechen; meine Metren hast du, mich attackierend, benutzt.

Nicht möcht hehre Gedichte ich mit den meinen vergleichen, überstrahlt euer Schloss doch meine winzige Tür.

Leicht bin ich, leicht wie ich ist Cupido, er, der am Herzen stets mir liegt: Nicht bin stärker ich als mein Sujet.

Ohne mich wär die Mutter des losen Amor ein Trampel: Sie begleit ich, für sie bin ich als Kupplerin da.

Sie, die du nie mit den harten Kothurnen entriegeln kannst, meinen schmeichelnden Worten hat weit sie sich geöffnet, die Tür.

Ihren Wächter zu täuschen, zu sprengen die sonst so verlässlich zugeriegelte Tür, lernte Corinna durch mich,

auch in ein lockeres Kleid gehüllt aus dem Bette zu gleiten und in der Nacht ganz leis vorwärts zu setzen den Fuß.

Mehr als du zu können, erdient hab ich’s mir, weil ich vieles auf mich nahm, was dein Stolz nie zu ertragen vermöcht:

Wie oft hing ich zum Beispiel angeheftet an harter Pforte und schämte mich nicht, dass, wer vorbeiging, mich las!

Wie ich Arme am Busen der Sklavin verborgen war, bis der grimmige Wächter verschwand, weiß ich sogar noch genau.



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